Gewissen – eine Gebrauchsanweisung
Autor | Schockenhoff/Florin |
Verlag | sonstige |
Seiten | 200 Seiten |
ISBN | 978-3-451-30118-6 |
Preis | 16,95 |
Natürlich spielt auch hier die Finanzkrise eine Rolle und die Managermoral, jedoch geht es den Autoren um Grundlegendes: Wer sich als Weiterbildner mit Ethik-Themen beschäftigt, durchaus auch jenseits von Forum Werteorientierung in der Weiterbildung, Berufskodex und Gütesiegel (etwa via GABAL e.V. oder einem anderen DVWO-Verband), findet hier unterhaltsame und nachdenkenswerte Lektüre. Geschrieben von einem Mitglied des Deutschen Ethikrats und einer renommierten Journalistin…
Nebenbei hat mich „Buykott statt Boykott“ an meine erste Publikation erinnert, die „Bananen-Broschüre“, entstanden im Rahmen von Projektarbeit für die Evangelische Jugend in München Anfang der 1970-er Jahre. Während wir strikte Boykott-Politik betrieben, haben andere Aktivisten in der Schweiz schon damals etwas wie „Fair-trade“ gefordert und versucht, umzusetzen… Die Autoren bewegen sich im Spannungsfeld von Ethik und Moral, siehe auch schon die biblischen Zehn Gebote, die übrigens ja eigentlich Verbote sind ? …
Ohne das konkret anzusprechen, diskutieren sie im Grunde die Problematik von Vertrauen. Erich Fromm´s „Haben oder Sein“ ist angesprochen, wenn es ums Eltern-Kind-Verhältnis (und –Verhalten!) geht, S. 75: „Deals wie „Wenn du jetzt das Fernsehen ausmachst, darfst du morgen eine halbe Stunde länger Nintendo spielen“ zerstören dieses einzigartige Verhältnis. Sie reduzieren die Liebesbeziehung zum Kind auf ein Tauschgeschäft.“
Ausnahme-Situationen wie die Frage, ob Lüge gegenüber Gestapo erlaubt sei, auf die Frage nach versteckten Juden, werden ausgiebig diskutiert und auf Original-Zitate in der Bibel zurück geführt – und auf Kant: Er „.. verpflichtet in seinen Ausführungen über die Lüge den Menschen dazu, eine konkrete Frage stets wahrheitsgemäß zu beantworten“ (S. 128). Der Bezug ist letztlich immer das Geschehen im Unternehmen: „Im eigenen Alltag flirten wir gern mit dem Gedanken, den Wahrheitsanspruch des anderen aus machttaktischen Erwägungen entthronen zu dürfen. Lügen haben … im Karrierekampf schöne lange Beine…“ (S. 95). Hmm, was bedeutet das bitteschön für den Trainingsalltag in Führungs-, Team- und Konflikt-Seminaren?
Das moderne Web 2.0 mit seiner Selbstdarstellung und gleichzeitig der erweiterten Chance, andere „darzustellen“, im Sinne von bloß zu stellen, gerät ebenso ins Blickfeld wie die gute alte Entschuldigung für gemachte Fehler – und das Lernen daraus (S. 191). Auf S. 195 resümieren die Autoren: „Zwischen einer rigiden Gehorsamsmoral und einer permissiven Grundeinstellung zum Leben nach dem Motto „Anything goes“ wollte dieses Buch einen dritten Weg aufzeigen, den Weg des eigenverantwortlichen, an moralischen Prinzipien geschärften Gewissens.“