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Golden House

Autor Salman Rushdie
Verlag C. Bertelsmann
ISBN 978-3-570-10333-3

„Seit „Fegefeuer der Eitelkeiten“ gab es keinen Roman mehr, der unsere Zeit so treffend, unterhaltsam und weitsichtig erklärt“ nimmt der Verlag selbst die Bewertung vor. Und da ist was dran …

Golden nennt sich die Familie
… und so wird das vor langer Zeit gekaufte und inzwischen bezogene Haus entsprechend benannt. Und das mit den Namen ist schon ein eigenes Spiel … „Nero Golden kommt aus einem Land, dessen Namen er nie wieder hören wollte, seit er mit seinen drei erwachsenen Söhnen vor ein paar Jahren nach New York gezogen ist und sich eine junge Russin zur Frau genommen hat. Der junge Filmemacher René wohnt im Nachbarhaus und ist fasziniert von der Familie, die ihm besten Stoff für ein Drehbuch liefert: Aufstieg und Fall eines skrupellos ehrgeizigen, narzisstischen und mediengewandten Schurken, der Make-up trägt und sich die Haare färbt. René wird Zeuge und in einer folgenschweren Episode sogar Teilhaber des dekadenten Treibens im Golden House, dessen Besitzer nicht nur den Vornamen mit Kaiser Nero teilt.“ Und so entwickelt sich etwas, was vielleicht als Tragikomödie richtig bezeichnet wäre …

Was eine Geschichte!
Der Ich-Erzähler treibt sich in der US-Zeitgeschichte herum, der Autor hat vielerlei Echtzeit-Geschehnisse verwoben. So werden Entwicklungen und Trends gerade in den drei Söhnen manifest, die je unterschiedlicher kaum sein könnten. Da gibt es Kreativität und Insel-Begabung wie auch schlichtes Erwachsenwerden beim Jüngsten. Und es gibt den Größenwahn des Vaters, sicherlich gewachsen im Laufe erfolgreicher Jahrzehnte, bis hin zur Namensgebung der drei Sprößlinge – plus schließlich einem vierten, der ihm seine neue Frau unterschiebt. All das wird dem Leser rasch klar – wie auch im Laufe der Lektüre, spannend bis zum Ende.

US-Gesellschaft, Comics plus
Adressiert wird indirekt Donald (!) Trump, der nur als neu gewählter Präsident annotiert wird (gleich zu Anfang, quasi als Auslöser?!) statt ihn namentlich zu nennen, mit „Joker“, dem Schurken-Gegenspieler von Batman: Auch Comics kommen ins Spiel … Auch an der Stelle, an der sich der Autor (und der Erzähler) über Namensänderungen auslässt (S. 23): „Und feiern wir denn nicht, zelebrieren wir denn nicht jeden Tag in unseren Filmen und Comics – in den Comics, zu denen unsere Filme geworden sind [resp. umgekehrt?!] – die Vorstellung einer geheimen Identität? Clark Kent, Bruce, Wayne, Diana Prince, Bruce Banner, Raven Darhölme, wir lieben euch.“ So werden die Söhne von Nero ebenfalls latinisiert zu Petronius, Lucius Apuleius und Dionysus. „Wer´s moog“, sagt man in Bayern dazu.

Der Autor
… ist ja nun hinlänglich bekannt, schon aufgrund der Fatwa, die ihm droht, seit der die „Satanischen Verse“ verfasst hat. Ein genialer Schreiber: „Salman Rushdie erfasst den irritierenden Zeitgeist und zeichnet mit größter Erzählkunst ein treffendes Bild unserer heutigen Welt. Dieser Roman beweist aufs Neue, dass er einer der besten Geschichtenerzähler unserer Tage ist.“ Da mag die US-Gesellschaft sich fragen, was sie hieraus liest, quasi gespiegelt in den flüchtigen Indern, die auf Freiheit hoffen. Manches kommt dann anders, als „man“ denkt … Hier geht es zu einer interessanten englischsprachigen Rezension: https://somanybooksblog.com/2017/10/18/the-golden-house/. HPR

Hanspeter Reiter