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Kalter Frieden

Autor Philip Kerr
Verlag Wunderlich
ISBN 978-3-8052-0330-2

„Bernie Gunther ermittelt, Band 11“ führt die Geschichte rund um einen Ex-Polizisten aus Weimarer Republik und Nazi-Zeit – und einem Ex-Spion, der im Alter immer wieder von der Vergangenheit eingeholt wird. Und sei es durch konkrete Personen.

Der Kalte Krieg steht vor der Tür
…daher der Titel, als Anklang quasi. Inzwischen ist Bernie weit weg von seiner deutschen Heimat gelandet, scheinbar in Sicherheit vor möglichen Nachstellungen aus alter Zeit. Doch weit gefehlt, trotz neuer (Schein-)Identität: „Französische Riviera 1956: Es ist einsam geworden um Bernie Gunther. Um sich vor seinen vielen Feinden zu verstecken, heuert er als Concierge in einem Grandhotel an der Côte d’Azur an – ein langweiliger Brotjob, aber sicher.
Als eine höchst attraktive Engländerin ihn bittet, ihr Bridge beizubringen, erfüllt er ihren Wunsch daher nur zu gern. Aber die junge Frau verfolgt ihre eigenen Pläne: Sie will über das Kartenspiel Zugang zu dem Schriftsteller W. Somerset Maugham bekommen, der ebenfalls an der Riviera lebt.“ Spannende Einblicke ins Leben und Tun des berühmten Autors sind geboten – und in sein Umfeld, bis hin zu MI5 und wie „die Dienste“ alle heißen mögen…Bis hin zu offensichtlich wirksamen Abhör-Tricks, weit diesseits elektronischer Finessen: „Ich hatte nicht erwartet, dass es so einfach sein würde, aber Maugham hatte nicht übertrieben. Der Schornstein mit dem Kamin darunter wirkte tatsächlich wie ein riesiges Mikrophon…“ (S. 288). Und vielerlei kommunikatorische Finten, mit denen Bernie es wieder mal schafft, sich aus der Bredouille zu retten – und dafür andere Beteiligte kräftig „reinzureiten‘“ …

Jetzt geht´s ans Eingemachte
Schneller als geahnt ist Bernie wieder mittendrin, im Karrussel von Spionage und Gegen-Spionage. Und was da alles war – und noch ist: „Auch Bernie lernt Maugham kennen und wird bald von ihm um Hilfe gebeten, denn der Schriftsteller wird erpresst. Bernie soll die Lösegeldübergabe übernehmen. Doch kurz vor der Übergabe wird Bernie von den Briten verhaftet und gerät zwischen die Fronten eines Friedens, der weit brüchiger ist, als sich die Allierten den Anschein geben…“. Offenbar exzellent recherchiert ist auch dieser Spionage-Roman, der zugleich literarische Ambitionen aus der Meta-Perspektive liefert. Siehe dazu S. 393ff. die Anmerkungen des Autors, die zu „Personen der Zeitgeschichte“ führen. Da geht es ums geheimnisvolle Bernstein-Zimmer und dessen möglichen Verbleib. Es geht ums Versenken der MS Wilhelm Gustloff mit tausenden getöteten Zivilisten zum Ende des zweiten Erdkriegs – und um vielerlei weitere belegte Geschehnisse. Das grenzt an Dokufiktion! Dem Verbleib einer massiven Anzahl früherer Nazis aufseiten SU wie US: „Den KGB oder die HV-A interessiert es genauso wenig wie die CIA, wer Sie mal waren oder was Sie früher getan haben. Die interessieren sich nur dafür, wie Sie ihnen unter den gegebenen Umständen nützlich sein können.“ (S. 205) Nun, bis in die Gegenwarte hat sich daran wenig bis gar nichts geändert, siehe das Suchen je aktuell nützlicher Partner durch die USA, etwa im Nahen Osten…

Sammeln!
Dies ist eines jener Bücher, das ich meiner Bibliothek einverleibe. Statt es weiter zu reichen, was ich mit einem Großteil an Thrillern, Krimis & Co. sonst gerne tue. Und da sicher jeder der Bände für sich abgeschlossen ist, werde ich mal den Blick in die Vergangenheit werfen. Bevor die Zukunft naht, mit dem postum heraus gegebenen 14. Band („Metropolis“) – vom Autor noch vor seinem Tod vollendet … HPR

Hanspeter Reiter