Skip to main content

Kampf der Systeme

Autor Klaus Schroeder
Verlag Lau
ISBN 978-3-95768-217-8

„Das geteilte und wiedervereinigte Deutschland“ hat der Autor in den Blick genommen: Was lief anders, in den 45 Jahren lang parallel existierenden Staaten BRD und DDR – und wie hat sich das ausgewirkt, auf nunmehr drei Jahrzehnte „wieder vereint Sein“?

BRD und DDR
… waren jedenfalls zweierlei Systeme, wenn auch die Menschen durch viele Jahrzehnte gemeinsamer deutscher Geschichte davor einander noch nahe waren, gar enger oder ferner verwandt: So erinnere ich die Reisen meines Vaters zu seiner älteren Schwester „in die Zone“, nach Thüringen, das Gepäck durch Kaffee belastet. Oder auch meinen regen Brief-Verkehr mit einem meiner Cousins eben dort, vor allem echt gelaufene Briefmarken im Grunde zu tauschen… Tja, was ist da passiert? „Die Vereinigung von Bundesrepublik und DDR erfolgte nicht auf Augenhöhe, sondern als Beitritt eines unterlegenen Systems zu einem wirtschaftlich und politisch erfolgreicheren. Sie war weder ein Anschluss oder eine Übernahme noch eine Einverleibung. Die Deutschen hatten 45 Jahre in unterschiedlichen, in den meisten Bereichen sogar gegensätzlichen Systemen gelebt. Bis zum heutigen Tag wirken die jeweiligen systembedingten Prägungen ebenso wie die Erfahrungen im Transformationsprozess bei vielen Menschen nach.“ Durchaus unterschiedliche Befindlichkeiten haben sich ergeben – jene der ersten Jahre in den 1990ern durfte ich selbst erleben, beim Aufbauen und Begleiten einer eigenen Vertriebs-Organisation für die Brockhaus Enzyklopädie in jenen Jahren. Eben mit genuinen DDR-Bürgern, während manch eine Versicherung ihre Wessis „rüber“ schickten, sich eine goldene Nase zu verdienen … Geblieben ist übrigens der Kontakt zu immerhin einem jener damaligen Regional-Verkaufsleiter.

Ossi – Wessi?!
Nach drei Jahrzehnten wieder „gemeinsamer“ Geschichte hat es viele aktuelle Analysen gegeben. Diese hier fasst den Raum weiter und macht vieles verständlicher als Kurzzeit-Perspektiven: „Die beiden Deutschlands bildeten gleichsam die Speerspitze im jahrzehntelangen Kampf der Systeme, den die freiheitlichen Demokratien des Westens gegen die sozialistischen Diktaturen des Ostens gewannen. Je länger die Teilung zurückliegt, desto blasser wird jedoch die Erinnerung daran, warum das westliche Gesellschaftsmodell siegreich war. Ja, im wiedervereinigten Deutschland besteht heute sogar die Gefahr, dass die Erfolgsrezepte in Vergessenheit geraten. 1989/90 war die DDR am Ende. Doch der Blick darauf wird immer unschärfer. Viele problematische Entwicklungen werden dem Wiedervereinigungsprozess und nicht der DDR-Schlussbilanz angelastet. Häufig vernachlässigen Betrachtungen des Transformationsprozesses wichtige Fakten oder stellen sie in einen verkehrten Zusammenhang, so dass ein falsches oder zumindest irreführendes Bild entsteht.“ So wirft der Autor u.a. den Blick auf „Die Treuhandanstalt als beliebter Sündenbock“ (S. 229ff.), ein immer wieder aufpoppendes (Dauer-)Thema…

Alle Wege führen – wohin?
Fast 400 Seiten lang erlebt Leser, was alles eine Rolle wie gespielt haben mag, im Geschehen dieses Transformations-Prozesses: Sechs Kapitel sind geboten, mit vielerlei Fein-Themen… Das geteiligte Deutschland – Schlussbilanz der DDR: Realität und Wunschbilder – Der Weg zur Wiedervereinigung – Der Transformationsprozess – Das Unbehagen in und mit der Wiedervereinigung – Fazit: Der Blick zurück und nach vorne. „Für die meisten Westdeutschen ging nach 1990 das Leben, abgesehen von finanziellen Einbußen, weiter wie zuvor, für Ostdeutsche änderte sich nahezu alles. Sie mussten ins kalte Wasser einer unvertrauten Ordnung springen und sich neu orientieren. Trotz Wohlstandsexplosion und sozialer Abfederung des ökonomischen Umbruchs erlebten nicht wenige Ostdeutsche die ersten beiden Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung auch als Verlustgeschichte. Die letzten drei Jahrzehnte – so das Fazit des renommierten Zeithistorikers Klaus Schroeder – können ohne eine faktenbasierte Betrachtung der Teilung und des Transformationsprozesses nicht angemessen charakterisiert und eingeordnet werden. Teilung und Wiedervereinigung sind zwei Seiten der gleichen Medaille!“ Auch die aktuellen Probleme im Verhältnis zu Russland werden verständlicher – wie auch jene von Parteien in Ost und West, zweigeteilt auch heute noch. HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter