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Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm

Autor Tim Renner
Verlag sonstige
Seiten 400 Seiten
ISBN 978-3-8077-1045-7

„Insider und Visionär der Medienbranche erzählt die Geschichte vom Aufstieg und Fall der Musikindustrie“, so der Klappentext. Was bedeutet, er bietet hoch interessante Einblicke in die Kalkulation der Wertschöpfungskette, die Kommunikation mit den Künstlern und das mehr oder minder aggressive Marketing gestern und heute. Selbst in Großmusikverlagen „aufgewachsen“, dort erfolgreich mit einem „Inhouse-Independent-Konzept“, konnte er später auch in Zeiten von Internet kleinen Labels durchaus zu Erfolg verhelfen. Zum Einblick in die „Medien-„industrie, jenseits von „nur Musik“, wird das Buch auch dadurch, dass er Kommen und Gehen von Musikzeitschriften ebenfalls analysiert. Besonders interessant dabei ist, dass letztlich das Konzept des user generated content, heute ein Kennzeichen von Web 2.0, schon Ende der 1980-er Jahre vielen kleinen Magazinen das Überleben sicherte: Die Leser selbst steuerten Inhalte bei und fühlten sich bei den handwerklich mehr schlecht als recht gestalteten und gedruckten Heften sehr zuhause. Je professioneller die dann wurden, desto rascher verschwanden sie vom Markt (S. 88ff.)… Medien: Wer Musik sagt, meint auch Radio. Hitparaden, Hitlisten und Verkaufszahlen hatten (und haben?) offenbar ihr interessantes Eigenleben, sprich, wichen häufig stark von der Wirklichkeit wie auch von einander ab. Heutzutage sind Downloadzahlen weniger zu verfälschen, als das vermeintliche Verkaufszahlen früher waren, sollte man meinen.

Im Zuge der neuen elektronischen Möglichkeiten rund um mp3 und Internet kam es zu einem erheblichen Wandel in den Geschäftsmodellen, allerdings unterschiedlich rasch von den verschiedenen Anbietern als Notwendigkeit erkannt und entwickelt. Das Verhältnis von Label und Künstlern änderte sich ähnlich radikal – nun war der Musikverlag für den Künstler häufig nurmehr ein Kanal unter vielen, und meistens ein weniger wichtiger: Selbstvermarktung, vermehrte Live-Auftritte und Kostenlos-Angebote im Web als Promotion vermiesten vielen Konzernen das Geschäft: „Das globale Netzwerk hebelte mit leichter Hand das US-zentrierte Weltbild der Musikmanager aus. Der zweite zentrale Fehler der Branche: Bis heute wendet sie im Netz nicht an, was sie in ihrem Kerngeschäft längst gelernt hat. Wer die Szene nicht direkt einbindet, wird niemals glaubwürdig für sie arbeiten können.“  (S. 205f.)

Tim Renner entwickelt aus seiner Analyse mögliche Geschäftsmodelle im Gleichklang von Künstler und ihn betreuendes Label und gibt so einen optimistischen Ausblick auf eine Art „Leben nach dem Tod“, siehe den Untertitel. Was das Buch für Weiterbildner besonders lesenswert macht, ist auch hier die Parallelität der Entwicklungen: Wie binden Trainer ihre Teilnehmer an einer Maßnahme so ein und an sich, dass sie ihre Rolle – eine neue Rolle! – behalten und extrapolieren können? Wie verbreiten sie ihre Inhalte auf anderen Kanälen so, dass sich ein tragfähiges Geschäftsmodell daraus entwickeln lässt, siehe Audio- und Videoangebote, via Web? Der Blick über den Tellerrand macht´s möglich, kreativ Zukunftsfähiges zu entwickeln! – HPR

(siehe auch meine Rezension zu Gabler-Verlag „Ökonomie der Musikindustrie“)

Hanspeter Reiter