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Leben in Metaphern: Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern

Autor Lakoff, George/Mark Johnson
Verlag sonstige
Seiten 272 Seiten
ISBN 978-3896704870
Preis 26,90

Wer immer seinen Geist mit Theorien der Metapher bzw. des Metaphorisierens nähren und ihn sich beschäftigen lässt, möge das Werk von G. Lakoff und M. Johnson als Primärliteratur konsultieren: Ihr Buch legt, ähnlich wie Brot und Käse vor oder bei dem Weingenuss, eine solide und neugierig machende Grundlage, um andere, neuere Literatur probieren, essen und besser verdauen zu können. Das Buch gilt als ein Grundlagenwerk, auf das sich die meisten heutigen Autoren beziehen und das ihnen u.a. dazu dient, es als Referenz für weitere Entwicklungen und Differenzierungen zu nutzen. Bei seinem Erscheinen wirkte es in den Sprachwissenschaften ähnlich einer tobenden Brandung: revolutionär. Es war vor allem die Kraft dreier Windströmungen, die die Wellen so hoch schlagen und schäumen ließ:

Die erste These: Ob wir das gutheißen oder nicht: Wir leben in Metaphern! Die zweite These: Die meisten Metaphern nehmen ihren Ausgang aus unserer (erlebten) Leiblichkeit. Die Autoren deklinieren zahlreiche Beispiele, die diese Thesen lebendig werden lassen – auch dann, wenn man ihnen nicht immer affirmativ folgt. Die dritte These: Metaphern prägen Denken und Sprechen, beide wirken interaktiv (später wird man sagen: reflexiv) aufeinander – zudem sind (später wird man dies als ökologischen Ansatz bezeichnen) Metaphern, metaphorisches Denken und Sprechen kontext- und kulturgebunden. Der Ansatz der beiden Autoren wird im Rahmen der kognitiven Sprachwissenschaft als interaktiver (Sprechen und Denken) oder – so ihre eigene Bezeichnung – erfahrungsbasierter benamt: den Ausgang aus unseren (primär: körperlichen) Erfahrungen nehmend.

Wir können nicht nicht metaphorisch denken, sprechen. Das Reden über oder von Metaphern ist bereits metaphorisch insofern, als Metapher mit dem Prozess des „Übertragens“ assoziiert ist. Metaphern wirken handlungsleitend.

Die Welle lief am Strand aus – aber das Wasser wurde wieder genutzt, um neue, weitere und anders beschaffene Wellen aus dem Wasser sich formieren zu lassen. Im Anschluss an und in der Auseinandersetzung mit dem erfahrungsbasierten Ansatz haben sich v.a. in der kognitiven Linguistik darin engagiert, das Moment der Interaktion zwischen Denken und Sprechen zu verstehen und die Prozesse von Sozialisation und Kulturisation stärker einzubeziehen. Am Rand des Mainstreams finden wir weitere Wellen, allerdings kleinere, weil ihnen wenig Schwung nachfolgte.

In jedem Fall gilt: Das Arbeiten mit Metaphern sollte fundiert werden durch dieses Initialbuch, das zudem jenen Lesenden, die sprachwissenschaftlich sehr interessiert sind, raffinierte Ausdeutungen bietet und jenen, die den philosophischen Rahmen suchen, ebenfalls Material zum Nachdenken schenkt. George Lakoff ist Linguist, Mark Johnson Philosoph.

Ein Tropfen Wehrmut ins Meer der Begeisterung: Bedauerlich ist, dass die aktuelle Auflage offenbar das Nachwort, das die Autoren anlässlich der sechsten Auflage, formuliert haben, dem Leser vorenthält. In diesem Nachwort reagieren sie nämlich auf spätere kritische Stimmen ihres Grundlagenwerks. Über den Grund kann ich nicht einmal spekulieren; es bleibt (mir) nur das Bedauern.

Dr. Regina Mahlmann