Loriot: Der ganz offene Brief
Autor | Susanne von Bülow et al (Hg.) |
Verlag | Diogenes |
ISBN | 978-3-257-02191-2 |
„115 ungewöhnliche Mitteilungen“ sind hier geboten, jeweils textlich rechts und mit typischem Loriot-Cartoon links daneben, auf 280 Seiten… Erstmals veröffentlichte S. 249ff. „Nachschlag“ inkl., wow!
Die Quick-Kolumne
Eine feine Retrospektive mit vielerlei (mit Augenzwinkern) aktuell Wiedererkennbarem! Damals trat Loriot erstmals als (satirischer) Texter auf, blieb seinen Illustrationen zugleich treu: Geboten waren also immer kombiniert Bild und Text. Nun also, „zwischen 1957 und 1961 erschien in der Zeitschrift ›Quick‹ Loriots Kolumne ›Der ganz offene Brief‹. Von Hosenkauf und Geschlechterkampf über die Methoden der Werbewirtschaft, den Massentourismus und Fragen der Innen- wie der Außenpolitik bis hin zum deutsch-deutschen Verhältnis und dem von Herr und Hund: In den »ganz offenen Briefen « zeichnete der junge Loriot ein Sittengemälde der ebenfalls noch jungen Bundesrepublik, zwischen Wirtschaftswunder, Verordnungsdschungel und Moralinsäure.“ Durchaus wirksam, wie eine kleine Auswahl von (dann echten) Leserbriefen zeigt („Weitere Reaktionen“ S. 230ff.). Wie es zur Kooperation kam und wie sie wieder endete, kann die Leserschaft ebenso nachvollziehen, via Vorwort (S. 6ff.) und S. 217ff. sowie 225ff. alles rund um den „Wein-Zwischenfall“ plus „Wein rein eingeschenkt“ mit einem Blick auf auch sonst gelegentlich aufpoppenden Widerstreit von Redaktion und Anzeigen-Abteilung…
Sittenbild mit Seitenblick
…ist hier versammelt – und alle 115 sind der Lektüre wert! Doch erlaube ich mir, diese besonders hervor zu heben: 05 Raumfahrt (mit der Idee, den oder anderen Zeitgenossen gerne hochzuschießen und dort zu belassen), 14 Verkehrsprobleme (oha, schon seinerzeit auch die Bahn im Blick, „alle reden vom Wetter, wir nicht“ von wegen…), 36 neue Interzonen-Regeln (Briefmarken nun auch handelbar, zwischen DDR und BRD – was mich an regen Brief-Verkehr mit einem Cousin in Thüringen erinnert hat, der mir u.a. Sperrwerte sicherte), 55 zu Anglizismen schon damals (Backfisch wird Teenager, es folgen Twens…), 58 VAR (erste Gedanken, Schiedsrichter Fußballspiele via TV verfolgen zu lassen), 85 Gastarbeiter (und Sprach-Probleme, siehe da…)… Voila, diese Beispiele mögen zeigen, wie visionär der gute alte (damals noch junge) Loriot doch schon Ende der 1950er Jahre war … Fazit: Vergnüglich wie informativ, auch wie der Fußnoten-Hinweise, die Jüngeren das Verstehen erleichtern – und unsereins Älteren das eine oder andere aus den Tiefen des Erinnerns schürfen … Chapeau Loriot – auch seiner heraus gebenden Tochter und dem Verlag! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de