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Mord im Christmas-Express

Autor Alexandra Benedict
Verlag Tropen
ISBN 978-3-608-50259-6

„Stille Nacht, tödliche Nacht“ bringt´s auf den Punkt, für diese spannenden mehr als 300 Seiten Vor-Weihnachts-Lektüre…

Im liegen gebliebenen Zug eingesperrt
…sind diese Passagiere, bunt gemischt: Kommissarin, Täter, Opfer, Begleit-Publikum – das ist die Geschichte kurz gefasst: „Es ist der Abend vor Weihnachten. Ein Schneesturm legt den gesamten Zugverkehr in Großbritannien lahm. Nur der Christmas Express schlängelt sich noch durch die malerischen schottischen Highlands. An Bord achtzehn Passagiere – einer von ihnen mit mörderischen Absichten. Wer wird sterben? Und warum? Ein Weihnachtskrimi, wie Agatha Christie ihn heute schreiben würde: spannend, skurril und absolut zeitgemäß: Willkommen an Bord des Christmas Express!“ Nun ja, mit veränderter Lokation plus trefflichem Ambiente, doch ähnlichem Setting also: Nämlich mit effektvollem „Schneechaos. In letzter Sekunde erreicht die pensionierte Polizeibeamtin Roz ihren Nachtzug. Zum Glück, denn sie muss unbedingt pünktlich von London ins schottische Fort William kommen – rechtzeitig zur Geburt ihrer Enkelin.“ Was dann leider schief läuft, weshalb sie zwischendurch immer wieder verzweifelt versucht, ihre Tochter telefonisch zu erreichen – meist jedoch nur deren Frau erreicht, die sich um sie kümmert…

Viel „Personal“
…ist geboten, ähnlich den 12 bei Agatha Christie. Denn „mit ihr an Bord befinden sich unter anderem eine junge Influencerin, ein narzisstischer Reality-TV-Star, eine schlagfertige alte Dame samt Katerchen, eine reichlich dysfunktionale Familie und der Staatsanwalt Craig, der in Roz eine versteckte Saite anschlägt. Doch dann entgleist der Zug plötzlich im dichten Schneetreiben. Und während die Geburt zu Hause immer dramatischer verläuft, geschieht an Bord ein Mord, der bei Roz alte Wunden aufreißt. Es wird nicht bei einem Opfer bleiben. Wen trifft es als nächstes, und wird Roz es rechtzeitig verhindern können? Hat sie die Chance, den Kreislauf der Gewalt endlich zu durchbrechen?“ Sie ermittelt – quasi „auf Teufel komm raus“, sich durch Erkenntnisse hindurch tastend – und schon mal durch den Schnee, draußen rund um den Zug… Und lässt die Leserschaft gedanklich mit dabei sein, wenn sie ihr geschicktes Beobachten reflektiert (S. 30f.) oder zu falschem Erinnern (S. 192) – oder das Verarbeiten von Trauer (und damit traumatischen Erlebnissen, S. 228f.). Und wenn sie hin und her gerissen ist, weil sie nun weit weg war, bei der (schwierigen) Geburt der Enkelin (S. 144f. usw.) – oder mathematische Besonderheiten von einem der Studis zum besten gegeben wird (S. 321 Harshad-Zahl, wieder was gelernt  …). Doch zum Kern:

Alles Killa oder was?
Kurze Kapitel aus der Perspektive der Person, die auf dem Killer-Trip ist und sich selbst auch so nennt, sind dazwischen geschaltet – schön neutral gehalten, um einen Spoiler-Effekt zu vermeiden. Denn die Lösung kommt dann überraschend – und letztlich wenig überraschend gleich gedoppelt. Das wird klar, weil noch zu viele Seiten fehlen  … Inwieweit Agatha Christie als Vorlagen-Lieferantin heutzutage tatsächlich eher einen solchen Ablauf konstruiert hätte als den im Orient-Express, wie rund um den Roman a bissal suggeriert wird, wenn auch Augen zwinkernd?! Immerhin geht´s beim Finale ähnlich darum, dass endlich die Rettung naht, lokale Polizei inkl. – und auch darum, wem die Schuld zugewiesen werden solle, wie beim „Original“… Wie auch immer, die Autorin hat ihre Geschichte gelungen aufgebaut, feinsinnig spannend: Lesen! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter