Persönlichkeitsmodelle und Persönlichkeitstests
Autor | Walter Simon |
Verlag | Gabal Verlag |
432 Seiten
ISBN: 3897496364
Preis: 79,00 Euro
Seit Jahrhunderten beschäftigen sich Menschen damit, die eigene und fremde Persönlichkeit zu erkennen. Das wesentliche Ziel ist, sich und andere besser zu verstehen und eigene Entwicklungsschritte zu einer reiferen Persönlichkeit zu entdecken. Kernfragen sind dabei:
– Was sind unsere Stärken?
– Warum verhalten wir uns so, wie wir uns verhalten- und warum nicht anders?
Zu diesen Fragen bieten zahlreiche Modelle zur Persönlichkeitsanalyse Erklärungen an. Verschiedenen Publikationen erlauben die persönliche Einschätzung des eigenen Profils. Hieraus ergeben sich oft Fragen: Wie steht es um die Aussagefähigkeit der Modelle? Wodurch unterscheiden sich die Modelle? Können durch die Kombination von Modellen zusätzliche Erkenntnisse gewonnen werden? Ist es egal, welchen Test man wählt, kommen ohnehin alle zu ähnlichen Ergebnissen? Walter Simon wollte es wissen. Der Trainer und Berater checkte im Selbstversuch 15 Verfahren und entstanden ist ein umfangreiches Buch von 430 Seiten mit folgendem Aufbau:
1. Einführung
Er geht ein auf Fragen „Wie entsteht Persönlichkeit“, „Was leisten Persönlichkeitstests“ und geht auf die persönlichkeitstheoretischen Grundmodellen und Persönlichkeitstests ein.
Bei den Persönlichkeitstests ist zu beachten, dass sie auf der Selbsteinschätzung der Kandidaten beruhen. Diese müssen bestimmte Aussagen in Bezug auf ihre Persönlichkeit als zutreffend oder unzutreffend klassifizieren. Sie bilden also nie das tatsächliche Potenzial eines Menschen ab, sondern „nur“ dessen Selbstbild.
2. Persönlichkeitsmodelle, Potenzialanalysen und Persönlichkeitstests
Hier stellen die Lizenznehmer/Autoren ihre Modelle nach einer einheitlichen Gliederung vor: u. a. Historie, theoretische Grundlagen, Beschreibung des Verfahrens, Qualitätskriterien.
Für das Buch wurden jene Persönlichkeitstests ausgewählt, die im deutschsprachigen Raum die größte Verbreitung und den größten Bekanntheitsgrad im Human-Resource-Bereich aufweisen. Dazu gehören u.a. das Big Five, das Bochumer Persönlichkeitsinventar, die Biostruktur-Analyse (Struktogramm), das DISG-Persönlichkeitspofil und der Myers-Briggs Typenindikator (MBTI)
3. Vergleich der Aussagegüte durch Gegenüberstellung der Testauswertungen der verschiedenen Persönlichkeitsmodelle
Simon vergleicht hier die Ergebnisse, die von den verschiedenen Modellen für seine Person festgestellt wurden. Die Aussagen der Modelle vergleicht er u. a. nach folgenden Kriterien: Arbeitsverhalten, Führung, Zielorientierung, Konflikt- u. Kritikfähigkeit, Stressbewältigung und Teamwork.
Ziel des Vergleiches ist es, festzustellen, inwieweit die in dem Buch vorgestellten Persönlichkeitsanalysen in ihrer Aussage über die Testperson übereinstimmen. Er geht dabei von der Hypothese aus, dass eine besonders große Schnittmenge für jene Verfahren festzustellen sein müsste, die sich auf die gleiche Theoriequelle (C. G. Jung) beziehen. Diese Hypothese findet er weitgehend bestätigt. Der Vergleich über alle Modelle zeigt aber auch Unterschiede und Widersprüchlichkeiten auf.
Simon ist sich bewusst, dass seine Analyse Schwächen aufweist Er stellt die Frage nach der methodischen Zulässigkeit, vor allem deswegen, weil die Testsfragen auf der Grundlage der Kenntnis der Ergebnisse anderer Test beantwortet wurden. Hieraus resultieren Präformationen, die in die Folgetests eingeflossen sein könnten. Grundsätzlich gilt auch das Hauptproblem der empirischen Forschung, wonach der Forscher, in diesem Falle seine Person, kein außerhalb des Untersuchungsgegenstandes stehender Beobachter, sondern unmittelbar Beteiligter ist. Er spricht daher vorsichtig eher von einer Art „Augenscheinvalidierung“ seiner Untersuchung.
Welchen Nutzen bietet das Buch?
– Das Buch bietet die Möglichkeit, die bekannten Persönlichkeitsmodelle, ohne aufwendige Materialbeschaffung, kennen zu lernen, um so für sich das „richtige“ Modell zu identifizieren.
– Es gibt einen Eindruck über die Aussagen, die aus den Verfahren gewonnen werden können. Die wiedergegebenen Ausschnitte der Analyseergebnisse lassen dann verschiedentlich die Frage aufkommen, was ist Kern der Aussagen und welcher Nutzen ergibt sich daraus für den Anwender der Modelle.
– Trotz des in den 11 Kategorien strukturierten Vergleichs, ist für eine eigene Beurteilung der Aussagenqualität eine intensive Auseinandersetzung mit den Auswertungsergebnissen erforderlich.
Das die von Simon in den 11 Kategorien unbewertet gegenübergestellten Aussagen nicht nur „einfach“ ein Vergleich der Modelle sind, sondern auch für die Anbieter mit erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen verbunden sind, wurde in einer Veranstaltung mit Prof. Simon, an der auch Vertreter von DISG/Tempus und MBTI teilnahmen, sehr deutlich. Der Vertreter von DISG hielt Simon, trotz des offenen Hinweises auf die „Augenscheinvalidität“ massiv eine unwissenschaftliche Vorgehensweise vor. Auf einige inhaltlichen Fragen, z.B. wie es DISG möglich sei, aus den angekreuzten Antworten auf die Stimme der getesteten Person zu schlussfolgern, ging der DISG-Vertreter leider nicht ein.
Diese Auseinandersetzung wird hoffentlich dazu führen, dass ein weiterer Vergleich mit entsprechenden Publikationen auf der Basis einer größeren Personenzahl folgt. Aber bis dahin ist das vorliegende Buch die beste Möglichkeit sich über die verschiedenen Verfahren zur Persönlichkeitsanalyse und deren Auswertungsergebnisse zu informieren.