Post für den Mörder
Autor | Thomas Chatwin |
Verlag | Rowohlt Polaris |
ISBN | 978-3-499-27445-9 |
„Ein Cornwall-Krimi“ klärt zunächst das Genre. Doch wird hier vieles mehr geboten: Der Autor hat seine Hauptperson – die umtriebige Postbotin – mit der berühmten Autorin Daphne du Maurier verbunden, der sie neben Erinnerungen auch einige Erinnerungsstücke verdankt…
Mörderische Post?
… vom Mörder oder an ihn, wie der Titel andeutet? Jedenfalls spielt sie eine große Rolle, stößt die Postbotin doch gerade auf ihren täglichen Touren auf Verdächtiges und Weiterführendes, den Fall zu klären. Mit oder ohne den eigentlichen Ermittler, der sich ausgerechnet als ihre frühere Flamme entpuppt – ein kurzes Aufflackern seinerzeit eher. Pseudo-Beziehungs-Stress mit ihrem Ehemann löst sich dann rasch Augen zwinkernd … Das ist die Story: „In dem beschaulichen Küstenstädtchen Fowey an Cornwalls Südküste kennt jeder sie, und sie kennt jeden: Daphne Penrose, Postbotin der Royal Mail. Daphne liebt besonders die frühen Morgenstunden, wenn Fowey erwacht und sie mit ihrem Postfahrrad durch die kleinen Gässchen fährt. Eines Morgens allerdings wird die Ruhe gestört. Im Haus der Malerin Sandra McKallan scheinen sich merkwürdige Dinge ereignet zu haben, von der Bewohnerin fehlt jede Spur. Zur selben Zeit fischt Daphnes Mann Francis eine Leiche aus dem Hafen: den Reeder Edward Hammett. Als zwei weitere Tote auftauchen, wird Daphne und Francis klar: Der zuständige Chief Inspector, frisch aus London nach Cornwall versetzt, kann diesen Fall alleine nicht lösen. Die beiden beginnen zu ermitteln. Und zwar mit ihren ganz eigenen Methoden. Denn niemand kennt Fowey so gut wie Daphne und Francis Penrose!“ Ausgesprochen übrigens „Foy“, sehr wichtig: Die „Zuagroasten“ erkennen die Einheimischen nämlich ratzfatz genau daran … Sprache spielt also eine Rolle…
Vieles cornisch?!
Oh ja! Denn der Autor bietet auch kurze Ausflüge ins Sprachhistorische: „Unser Pgoramm für Vorschulkinder, die kernewek lernen wollen, die alte kornische Sprache, gedeiht wunderbar. Kaum jemand weiß noch, dass das Kornische 1777 fast ausgestorben war…“ (S. 272). Siehe z.B. auch S. 143, wo der Autor mit einigen kornischen Begriffen spielt. Das freut mich als Linguist natürlich, auch an andere moderne Formen des Keltischen denkend, die in anderen Regionen Großbritanniens noch a bissal heimisch sind… Interessant zudem eine weiter „sprachliche“ Variante: Die Protagonistin kann exzellent Lippen lesen, weil sie als Kind taub wurde, erst spät via OP korrigiert. (Ein Aspekt, wie er in einem FAZ-Artikel aufpoppt: Der chinesische Überwachungs-Staat setzt dies offenbar bereits ein, Kamera begleitend…) Vielerlei Bezüge zur Namens-Base werden hergestellt, siehe etwa S. 65, Zitat aus der Postbotin Tagebuch, immerhin ja auch eine literarische Form: „Bei Helen habe ich immer an die Frauenfiguren von Mrs. du Maurier denken müssen,..“. Und darüber hinaus via Autorin auch zum Film-Regisseur (S. 172): „Francis [Penrose] musste daran denken, wie ihm [seine Frau] Daphne erzählt hatte, dass Die Vögel aus Mrs. Du Mauriers Erzählung und aus Hitchcocks Verfilmung verdächtige Ähnlichkeit mit der Möwenkolonie in Fowey hatten, als hätten sie … als Vorbild gedient.“ Auch Rebecca und Gasthaus Jamaika hat er übrigens verfilmt.Dazu kommen Reminiszenzen über Häuser wie Menabilly vor Ort, worauf sich auch der Autor in seinem Epilog bezieht (S. 305f.) – wie auch auf Rosamunde Pilcher, einer weiteren Autorin aus und über Cornwall, die im deutschen TV sehr zuhause ist. Konsequent, dass Thomas Chatwin abschließend auch noch „persönliche Reisetipps“ gibt (S. 307ff.). HPR