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Proxima

Autor Stephen Baxter
Verlag Heyne TB
ISBN 978-3-453-31579-2

Ein exzellent recherchierter Science-Fiction-Roman, der seine Leser zugleich unterhält wie informiert: Absolut natürlich in die Handlung eingebaut finden sich leicht verständlich aufbereitete Darstellungen komplizierter astrophysikalischer Vorgänge, die vom Autor eingeführte Zukunfts-specials sehr glaubhaft wirken lassen, etwa den Kernel-Antrieb, dessen Herkunft vorläufig absolut geheimnisvoll bleibt. Dass es sich um eine Art Wurmloch handelt, wird relativ bald deutlich, „Luken“ inklusive, die Menschen mit (annähernd) Lichtgeschwindigkeit transportieren. Künstliche Intelligenz wird unterschiedlich antropomorphisiert eingebracht (siehe z.B. S. 366), das aktuell erkennbare Klima-Szenario als entsprechend wirksam mehr als ein Jahrhundert extrapoliert: „Wir schreiben das 22. Jahrhundert. Dies ist die Geschichte des ersten Flugs zu einem Planeten außerhalb unseres Sonnensystems: Centauri c, der Proxima Centauri umkreist. Es ist die Geschichte der Besiedlung einer Welt voll tödlicher Gefahren und atemberaubender Wunder. Es ist die Geschichte des größten Abenteuers der Menschheit …“, das Besiedeln extrasolarer Planeten. Denn das eigene Planeten-System ist bereits genutzt, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Ach ja, mit interessanten Staats-Konstellationen, die später alternative Entwicklungslinien neu auftreten, im Sinne eines Multiversums. Fein charakterisierte Spieler müssen mit sich, ihrem Umfeld, ihrer Gesellschaft zurecht kommen – und plötzlich auftretende Zwillinge machen das kaum einfacher … Varianten von Lebensformen tauchen auf, bestens erklärt, glaubhaft dargestellt, Tripoden inklusive, allerdings in überraschender Art … Und wenn auch Religion nur am Rande eine Rolle spielt, bringt der Autor ein komplett anderes Konzept einer steuernden Kraft ins Spiel, das sich ebenfalls aus unserer Kenntnis der Welt und des Lebens herleiten lässt (siehe z.B. ultima S. 214ff.). Natürlich spielen Sprachen (sogar Qetchua) eine entscheidende Rolle, besser: Kommunikations-Formen (siehe z.B. S. 251) – auch hier hat sich der Autor bestens informiert. Auch für Führungskräfte und Weiterbildner ist eine Menge geboten, wie so häufig in Belletristik versteckt: Siehe etwa die Kunst des Team-Building – nur aufgrund der passenden Skills überlebt die kleine Crew der Abenteurer. Das zeigt sich erst recht in der Fortsetzung: ultima. Dort trägt ein erfahrener wie absolut disziplinierter römischer Optio entscheidend dazu bei, die Gruppe ans Ziel zu bringen. Mit einmal knapp, einmal über 700 Seiten eine Menge Lektüre, die spannend bleibt, weil der Autor geschickt immer neue Winkelzüge ins Spiel bringt. Und gar Lehr- und Lern-Konzepte präsentiert Baxter, wenn eine der Hauptfiguren quasi als Alterswerk  eine Akademie aufbaut (ultima S. 168ff.). Und was die verarbeiteten Konzepte angeht, verweist der Autor als Anhang auf diverse Quellen: Wer mag, kann sich dazu vertiefend informieren, über den aktuellen Stand der Wissenschaft. HPR

Hanspeter Reiter