Schopenhauer und Die wilden Jahre der Philosophie
Autor | Safranski, Rüdiger |
Verlag | sonstige |
Seiten | 560 Seiten |
ISBN | 978 3 446 23582 3 |
Preis | 24,90 |
„Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an die Philosophie“ schreibt Rüdiger Safranski in seinem 1987 erstmals erschienen Buch als erstem Satz. Philosophieinteressierte können – in der Retrospektive – in diesem Satz eine lang anhaltende und eine Autorenbiographie visionierende Zuwendung lesen. Denn der Autor ist inzwischen durch weitere Werke über Philosophen und Romantik hervorgetreten. Jedes Mal außerordentlich lesenswert.
Denn neben den inhaltlichen und den sachlichen Leser nährenden kenntnisreichen Ausführungen kann Genießern unter den Bibliophilen auch die Sprache entzücken. In beidem, dem sachlichen und dem sprachlichen, dem poetischen und literarischen Gehalt, durchweht die „Liebe zur Philosophie“ die Erörterungen.
Rüdiger Safranski sucht und findet Wurzeln der Philosophie Arthur Schopenhauers in dessen Persönlichkeit; diese wiederum bettet er ein in das familiale Leben und setzt sie in Beziehung sowohl zu Mutter und Vater als auch zu anderen sozialisatorischen Instanzen, etwa Gasteltern in Frankreich. Der Autor widmet sich, damit der Leser auch Verständnis für Verhaltensweisen der Eltern entfalten, Mutter und Vater zudem gesondert. Diese Leben und persönlichen Betrachtungsweisen, die Persönlichkeiten und ihre Beziehungen zueinander bettet Rüdiger Safranski ein in den historischen Zeitgeist. Dies tut er weniger in wissenschaftlich-historisch-theoretischer Weise als vielmehr konkret: Er malt Zeitcolorit und ermöglicht dem Leser somit, all das, was mit dem Philosophen Schopenhauer zu tun hat, historisch (wirtschaftlich, sozial), u milieuspezifisch und geistesgeschichtlich einzuordnen.
Er schildert und beschreibt derartig anschaulich, etwa Städte, Abend- oder Teegesellschaften, dass man meint, man wandere durch die Stadt, z.B. Weimar, oder sei Gast in einer Gesellschaft. Zu den persönlichen Entwicklungs- und Reiseetappen von Schopenhauer werden Bezüge hergestellt aus der je aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Lage des Landes, der Stadt und des Protagonisten ebenso wie zu geistesgeschichtlichen Entwicklungen, vor allem die Romantik (von deren Geburten Rüdiger Safranski offenkundig schon damals fasziniert war).
Wer ein Schopenhauer-kritisches oder fachphilosophisches Werk sucht, das sich analytisch mit der Philosophie Schopenhauers befasst, sollte zu anderen Werken greifen. Und wer sich an psychologisierenden Einlassungen stört, findet durchaus Passagen, die dazu veranlassen, die Augenbraue zu heben. Aber um all das geht es nicht.
Das mit viel Freude und Kenntnisgewinn zu lesende Buch gleicht eher der Inkorporation eines Bekenntnisses: der Liebe zur Philosophie. Und sie – ebenso wie die Zuneigung zum „romantischen Geist“ – findet in dieser Biographie ihren Ausdruck darin, sich vertieft und in einem umfassenden Sinn dem herausragenden Philosophen Arthur zu widmen.
Der Leser lernt viel: Über jene Epoche, über einzelne Städte und Regionen, über Mentalitäten, Werte und Normen, über handlungsleitende Motive ganz verschiedener Menschen. Er lernt Berührendes und nachdenklich Stimmendes über Arthur Schopenhauer. Und er lernt, wie man schreiben kann, wenn nicht nur Interesse, sondern Faszination und Zuneigung einem Autor die Feder führen.
Dr. Regina Mahlmann, www.dr-mahlmann.de