Tage der Hoffnung
Autor | Brigitte Riebe |
Verlag | Wunderlich |
ISBN | 978-3-8052-0333-3 |
„Die Schwestern vom Ku’damm (Die 50er-Jahre-Trilogie, Band 3)“ klärt als Reihentitel Lokation und letztlich auch den Zeitraum … Der Haupt-Titel ist feinsinnig mehrdeutig, geht es doch durchaus auch um – „guter Hoffnung sein“ … Jeder Band ist einer der drei Töchter gewidmet (auch dazu darf Leser Überraschendes erwarten…): Nach Rike, der ältesten, und Silvie, der mittlernen, ist nun Flori an der Reihe, die jüngste… Mit dem klaren Ausblick via Überschrift der Rückseite: „Als die Zukunft begann“.
Berlin, Berlin…
Natürlich ist das auch ein Blick aufs Berlin rund um 1960 – doch ein Krimi nur am Rande. Zu dieser Zeit Brennpunkt zwischen Ost und West mehr noch als davor und danach: „Berlin [ab] 1958: Farben und Formen, Augenblicke, eingefangen mit Bleistift und Papier. Seit sie denken kann, will Florentine Thalheim nur eines: sich ganz dem Zeichnen und der Malerei hingeben. Die jüngste von drei Töchtern hatte schon immer einen rebellischen Geist. Nur wenn sie zu malen beginnt, wird alles hell und leicht, dann singen die Farben in ihr.“ Im Sinne des Wortes: Offenbar verfügt sie über Synästhesie, wird besonders inspiriert von Gedichten von Paul Celan, eingespielt via damals modernem Tonbandgerät (diverse Zitate, etwa S. 76) – und ergänzt ums Fotografieren, mit interessanten Ausstellungs-Ideen für die Verkaufsräume im „Modekaufhaus Thalheim“… „Während ihrem Vater für Florentine eine Zukunft im Kaufhaus am Ku’damm vorschwebt, beginnt sie ein Studium an der Kunstakademie. Hier ist sie voll in ihrem Element, arbeitet wie im Rausch. Doch schon bald legt sich ein Schatten auf ihr Glück. Rufus Lindberg, ihr herrischer Lehrer, macht ihr das Leben an der Schule zur Hölle“, auch als Folge einer labilen sexuellen Beziehung.
Politik und Familie
…gehen auch in diesem Band quasi Hand in Hand: „… und die politischen Spannungen zwischen Ost und West drohen die Stadt und die Thalheims zu entzweien. Gibt es Hoffnung für Florentine und ihre Familie? Gibt es Hoffnung für Berlin?“ Dramen spielen sich ab, Beziehungen und Austausch-Geschäfte mit der „Ostzone“: Das inzwischen gewohnte Hin und Her von Gut & Böse, Gelingen & Bangen (gerade vor dem Mauerbau, S. 331 z.B.) , Fluch & Segen spiegelt die Familie wie auch das gesellschaftliche Geschehen im Berlin – gerade Anfang der 1960-er Jahre: Mauerbau! So haben auch Willy Brandt und (vor allem) seine Frau Rut (u.a. S. 126ff.) ihre Auftritte, Egon Bahr kommt zu Wort, wie auch Kennedy mit seinem berühmten „Ich bin ein Berliner“ erfreulicher Weise komplett zitiert (S. 423ff.: „Heute ist der stolzeste Satz, den jemand in der freien Welt sagen kann:…“) … Und immer wieder ist auch Nachwuchs angesagt, siehe Titel … Sich auf die Wurzeln des Familien-Unternehmens besinnend, wird auch eine Buchhandlung namens „Bücherglück“ (S. 260ff.) (wieder) gegründet, naturgemäß von der Medien-Frau Silvie (verheiratet mit einem Verleger), die sich langsam vom Radio zurück zieht, kommt doch das Fernsehen stark als Konkurrenz ins Spiel. Alter Nazi-Geist und Juden-Feindliches poppt unterschwellig weiterhin auf (etwa S. 203). Auch auf die gewohnte Chronologie darf Leser sich freuen (Berlin 1958-1963 S. 427-460).
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