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Tagebuch eines schlimmen Jahres

Autor J.M.Coetzee
Verlag sonstige
Seiten 288 Seiten
ISBN 978-3-10-010834-0
Preis 13,98

Der südafrikanische Nobelpreisträger der Literatur bietet eine besondere Herausforderung im seltenen literarischen Stil: 3 Erzählstränge parallel, auf jeder Seite mitlaufend: Der Essay des Erzählers mit klar autobiografischer Aura (J.C. lebt als gebürtiger Südafrikaner nun in Australien – so auch J.M.) nimmt den stärksten Raum ein, dazu kommen die Stimmen dieses Autors sowie jener der Nachbarin Anya, von ihm als Schreibkraft angeheuert. Ins Spiel kommt zudem deren Freund, der so seine Absichten mit Beiden hat. Im Laufe des Buches driften die Geschehnisse ins Asynchrone; ein interessantes Experiment wäre, den jeweiligen Strang für sich allein genommen zu verfolgen. Volle Parallelität im Lesen gelingt kaum, das wäre zu verwirrend. Kurze Auszüge zur Illustration (Seite 80, von oben nach unten, jeweils Auszüge):

„Zwei Parteien, die ein Schachspiel beginnen, verständigen sich stillschweigend darauf, nach den Regeln zu spielen. Doch bei unserem Spiel gegen die Viren gibt es keine solche Übereinkunft … Statt sich wie in der Vergangenheit … eine einzige Art zu entwickeln,… gelingt es dem Virus vielleicht, eine ganze Reihe unterschiedlicher Arten gleichzeitig zu entwickeln, analog zur gleichzeitigen Ausführung einer Reihe von Schachzügen auf dem ganzen Brett.“

„Sie lachte. Halten Sie mich für eine zweite Imelda?, sagte sie. Sie riss den Schuhschrank auf. Er beherbergte nach meiner Schätzung vierzig Paar Schuhe…“

„Was soll eine Schreibkraft denn sein, hat er gesagt, wenn sie keine schreibende Maschine ist? Das war nicht aggressiv gesagt. Es klang wie eine echte Frage, also ob er es wirklich wissen wollte….“

Das Essayistische dieses Bandes zeigt sich auch an den abschließenden Literaturhinweisen und Anmerkungen…

Hanspeter Reiter