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Tod in Connecticut

Autor Wilson Collision
Verlag Louisoder
ISBN 978-3944153469

Der Originaltitel des Büchleins von 1931 lautet „Expensive Women“ und beleuchtet Inhalt und dessen Ebenen deutlich besser als der deutsche Titel, der aus dem Roman fast einen Krimi machen möchte; der Covertext weist bedauerlicherweise in dieselbe Richtung und suggeriert zudem, es gehe vordringlich um ein Eifersuchtsdrama mit Todesfolge, ausgelöst von einer femme fatale mit heutigem feministischen Anliegen und Credo.

Doch vielmehr trifft der Originaltitel den Kern besser: Teure Frauen. Die Erzählung ist aus der Perspektive der weiblichen Hauptperson und gleichzeitig sprachlich meist aus jener der dritten Person- geschrieben. Protagonistin ist eine Mitzwanzigerin mit gleichsam unendlichem Reichtum, deren Lebensgefühl zwischen Sättigung und Überdruss, Ironie und Melancholie, erotische Liebes- und Sehnsucht nach Sinn changiert.

Keinesfalls wird die reiche, junge und schöne Frau, deren Überlegen, Sinnieren, Assoziieren eigenes Befinden in der Welt und der Liebessituation schildern, aber auch (wenn auch episch knapp gehaltene) gesellschaftliche Beobachtungen des Autors. Dominieren tut ein Kreisen um das eigene Ich (histrionische Persönlichkeitszüge). Die weibliche Hauptperson gehört jenem Milieu der Schönen und Reichen der 1920er Jahre in New York an, in dem frau bestenfalls durch Abweichung, hier: erotisch ausschweifendes auffällt – und gleichzeitig unter einem sinnentleerten Leben leidet – ein Leid jedoch, das umgehend behoben wäre, wenn der (verheiratete) Mann, den sie zu lieben meint, ihre Liebe in der Form eines (ehelichen) Zusammenlebens realisierte. Lebenssinn hängt hier an Lieben und Geliebtwerden und zwar vom Wunschpartner. Und, im Fall von Nolya Noyes, auch darin, die „Schuld“ für eine Tat auf sich zu nehmen – als Zeichen ihrer Liebe und in Richtung dessen, der diese Liebe zu be- bzw. verhindern trachtet.

Teuer ist diese Frau als Repräsentantin aller Frauen ihres Milieus in mindestens zwei Hinsichten: In Luxus schwelgend, diesen mehr oder weniger für selbstverständlich nehmend – auch im Gegenüber. Teuer indes auch in ganz anderer Hinsicht: im Hinblick auf Vorleistungen, Entgegenkommen, Bewundern: Männer bewundern, erliegen den Reizen, achten das Weibliche (Erotische), sind galant und verhalten sich als Kavaliere – egal, was die Dame sagt oder tut.

Im Roman wird die weibliche Zuwendung von drei Männern in verschiedenen Hinsichten teuer erkauft. In einem Fall teuer er- und verkauft, und sogar teuer wieder zurückgegeben, wohlweißlich, dass die Rückgabe Anderes ist als die Erst-, die Hingabe. Eine im Roman merkwürdig spontane und wenig plausible, sprunghafte Erkenntnis und Entscheidung mündet darin, am Ende das zu erhalten, was einer zwei männlichen Verliebten bzw. Liebenden, ein Komponist, komponiert hat: ein leichtes flottes, marktkonformes Stück, das den Massengeschmack bedient und Einkommen sichert, mit dem Titel „Happy End“.

Man darf kein Gesellschaftspanorama à la Edith Wharton erwarten. Aber ein kleines (Bühnen-) Stück auf der Bühne des Lebens in der Oberschicht nach Vanity Fair, wenn auch ohne Humor und Komik, indes mit zuweilen illustrativen Metaphern für vorzugsweise emotionale Befindlichkeiten. Dem Leser wird empfohlen, den Covertext zu ignorieren und stattdessen einfach mit dem Lesen zu beginnen, um die Bahn „Kriminalhandlung“ wenn überhaupt, erst spät zu betreten.

Regina Mahlmann