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Typen & Stereotype

Autor Elizabeth und Stuart Ewen
Verlag Parthas-Verlag
ISBN 978-3-86601-205-9

„Die Geschichte des Vorurteils“ wird hier in einem umfassenden Band dargestellt. Beginnend im späten 17. Jahrhundert, fächert das Autorenpaar 27 Kapitel bin in die Jetzt-Zeit auf: „Interessant und erschreckend zugleich ist dabei, dass von der Wissenschaft längt widerlegte Forschungen als Klischee in unserer Kultur noch über Jahrhunderte fröhliche Urstände feiert.“ Natürlich spielen Themen wie Rassismus und Schädelkunde eine große Rolle – und zwar eine wieder kehrende. Und natürlich Fragen wie Eugenik … „Mit viel Witz und schwarzem Humor erinnern uns die beiden Autoren daran, dass die Geburtsstätte unserer modernen Kultur eine Höhle voller pseudowissenschaftlicher Stereotype und rassistischer Halluzinationen war.“ (U4) Die Erfindung der Stereotypie als neuem Druckverfahren  ist die mediale Abbildung dessen, was menschliches Denken (oder ist es eher Fühlen?) ausmacht – und hat als Metapher Eingang in unsere Kultur gefunden, bis hin übrigens zur Werbung. Erklärbar neurowissenschaftlich dadurch, dass wir Menschen uns leichter tun, Alltags-Entscheide zu treffen, wenn wir uns auch Klischees oder auch Märchen-Typen „verlassen“. Das Thema „Markenbildung“ gehört dazu … Für einige der Typen-Themen haben einzelne Persönlichkeiten eine entscheidende (Marken bildende) Rolle gespielt, etwa Johann Caspar Lavater in Sachen Physiognomik, Sir Francis Galton u.a. mit Fingerabdruck-Findung oder die Brüder Fowler [&] Fowler als Pioniere der menschlichen Schädelvermessung. Wohl gemerkt, natürlich gibt es Typen und Stereotype, die systematische Betrachtung ermöglichen, bis hin zu den „Big Data“ heutiger Zeit, der Betrachtung von Kaufverhalten z.B. Doch liegen Gefahr und Risiko darin, sich ausschließlich auf eine solche Systematisierung einzulassen und dabei Individuelles zu übersehen – respektive Menschen in Schubladen zu stecken … Die Autoren gehen sehr in die Tiefe und verfolgen die Themen auf nahezu 600 Seiten, weswegen Leser selbst entscheidet, manches Detail zu überspringen. Wer andererseits an diesen Details interessiert ist, hat die Chance, sie zu erfahren – zwar wissenschaftlich akribisch recherchiert, doch bestens verständlich dargeboten! Auch mit kritischem Hinterfragen von Tests, seien es solche, die Einwanderern gestatten sollen, die US-Staatsbürgerschaft zu erwerben – oder dem „guten alten“ Intelligenz-Test, der kritisch hinterfragt wird. Die starke Abhängigkeit von Medien-Darbietung und Typisierung ist heraus gearbeitet, weshalb das bewegte Bild (= Film) eine große Rolle im Buch spielt (siehe Klischee KingKong!). Make-Up als Hilfsmittel, sich einem Ideal-Typ zu nähern, hat die Kosmetik- wie die Bekleidungs-Industrie groß gemacht – ein Beispiel unter vielen. Denn sie sprach „eine breite Zielgruppe weißer amerikanischer Frauen an, die darauf hofften, es den Stars gleichzutun .. In einer immigrantenfeindlichen Atmosphäre kauften insbesondere Kinder von Immigranten Lippenstifte …, um wie die modernen Amerikaner auszusehen …“ (S. 537) Bis hin zu Nasenkorrekturen und inzwischen diversen weiteren Eingriffen mithilfe von „Schönheits-Operationen“ … Mit allerlei Ansätzen für Trainer und Berater, das Thema „Typenbildung“ künftig kritischer unter die Lupe zu nehmen und entsprechend in der Weiterbildung zu agieren …

Hanspeter Reiter