Skip to main content

Unternehmensorganisationen der Zukunft

Autor Pinnow, Daniel F.
Verlag sonstige
ISBN 978 3 593 39472 5

Daniel F. Pinnow, Geschäftsführer der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft, Lehrkraft an der TU München für Personalführung und Associate Professor für Leadership an der Capital University in Peking, setzt sich in einem appellativen Ton für ein systemisches Verständnis von Führung ein. Um die Dringlichkeit seines Anliegens, systemisches Denken stärker in die Praxis einzuführen, als es scheinbar der Fall ist, hebt er nicht nur immer wieder Notwendigkeit, Vorteile und Chancen hervor, sondern kontrastiert – zuweilen in sehr starken Strichen – systemische Organisation und Führung gegen ein traditionelles, lineares Verständnis. Anliegen und Botschaft zeigen sich auch in der Gliederung des Buches und in dem, als Schlusspunkt eines jeden Kapitels als „Expertenforum“ bezeichneten Interview mit je einer Persönlichkeit aus Theorie oder Praxis. 

Wer sich mit der Thematik des systemischen Führens und den unterschiedlichen Ansätzen ein wenig auskennt oder den Führungsdiskurs der letzten Jahre verfolgt hat, erfährt nichts Neues. Aber das scheint auch – trotz der Betonung des inzwischen allerdings gut fünfzig Jahre alten Ansatzes – nicht das primäre Anliegen des Autors zu sein; ebenso wenig das Auffächern systemtheoretischer Konzepte, deren Verbindbarkeit und Erläuterung. Die Betonung liegt auf dem Aspekt systemischen Führens, den der Autor „Persönlichkeit“ nennt. Unermüdlich und aus unterschiedlichen Perspektiven beschreibt er, warum es nötig ist, dass die Persönlichkeit des Führenden wie die der Geführten in den Mittelpunkt rücken müssen – begleitet von einer Organisationsstruktur, die sowohl Stabilität als auch Flexibilität (je nach Kontext, Branche, Kernzielen) ermöglicht. 

Das „menschliche Moment“ wird eingekreist mit einigen psychologischen und neuropsychologischen Erkenntnissen und Überlegungen, die Daniel F. Pinnow auf Selbst- und Fremdführung bezieht. Das organisatorische Moment der Kombination aus Stabilität und Dynamik wird herausgeschält aus knapp zusammenfassenden Darstellungen diverser Strukturansätze, sozusagen von der strikten Hierarchiepyramide bis zum Netzwerk. 

Im Zentrum steht die Führungspersönlichkeit – und wer liest, was ihr alles aufgebürdet wird – kapitelweise in Imperativen resümiert – kann es mit der Furcht bekommen. Beispielsweise: „Ein Leader der Zukunft muss Grundkenntnisse in Soziologie, Psychologie und eben Verhaltensbiologie besitzen, damit er die Arbeit seines Teams (und parallel die eigene!) so organisieren kann, dass es den Naturgesetzen des menschlichen Verhaltens entspricht.“ (S. 199) Ein solcher Satz enthält nicht nur grundlegende Annahmen und daraus abgeleitete Forderungen, die durchaus strittig diskutiert werden können. Er provoziert auch Fragen, etwa diejenige danach, was unter „Grundkenntnissen“ verstanden werden sollte und wie sich Führungspersönlichkeiten diese aneignen sollten. 

Vor allem „der Führungskraft“ wird viel verlangt, etwa dies: Bezüglich der persönlichen Disposition und Selbstreflexion: „Die systemische Führungsperson muss intrinsisch motiviert sein.“ (S. 150); „Erfolgversprechend sind vielmehr eigene, „freibleibende“ Lebenskonzepte, die sich mit dem Ich im Lauf der Zeit ändern und weiterentwickeln, die aus Krisen und Brüchen willkommene und genutzte Neuanfangchancen machen. Dazu gehört kontinuierliches Hinterfragen des Selbst ….“ (S. 204); bezüglich der Funktion in der Mitarbeiterführung: „Führungskräfte müssen in dem, was sie fordern, selbst ein Vorbild sein. Nur so können sie aus ihren Mitarbeitern motiviert, leistungsorientierte und flexible Menschen machen.“ (S. 135); bezüglich der Funktion in der Unternehmensführung: „Die Hauptaufgabe eines Managers ist das Erzielen von Ergebnissen für das Unternehmen.“ (201); dafür muss die Führungskraft sämtliche dynamischen Variablen im Blick haben und mit ihnen jonglieren: sich selbst, Mitarbeitende, Kollegen, Kunden und Wettbewerb, Lieferanten, Akteure aus anderen relevanten Umwelten, Personen, Beziehungen, Vernetzungen/Muster und Wirkungsarten (z.B. direkte, indirekte, nahe und ferne).

Folgt man dem Autor in seinem Plädoyer, wird deutlich, dass noch viel zu leisten ist. Das Buch kann jenen, denen es um systemisches Führen geht, zahlreiche Anregungen bieten, um kontrovers und daher klärend, vertiefend, weiterführend zu diskutieren und Konzepte auszuarbeiten, die der Zielgruppe helfen, zumindest wesentliche Anforderungen zu erfüllen, um Unternehmen erfolgreich zu machen.

Hanspeter Reiter, www.reiter-medien-consulting.de

 

Hanspeter Reiter