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Wer das Vergessen stört

Autor Tessa Duncan
Verlag dtv
ISBN 978-3-423-21847-4

„Die Canterbury-Fälle: Fulminanter Auftakt zu einer Spannungsserie um die Psychologin Lily Brown“ als unterhaltsamer (im Grunde) Lokalkrimi mit deutlich über 400 Seiten.

Mal eine etwas andere Ermittlerin
…steht hier im Mittelpunkt – wenn sie auch früher mal im Polizeidienst gewesen sein mag. Und bei ihrem ersten „Einsatz“ in neuer Rolle geht´s hierum: »Wenn Vera tot ist, war es kein Selbstmord!« Nach einer gescheiterten Beziehung lässt sich Lily Brown, zuvor Polizeipsychologin bei Scotland Yard, in Canterbury als Psychotherapeutin nieder. Zu ihren ersten Patientinnen gehören Samantha Harris, die in einer toxischen Beziehung mit ihrem gewalttätigen Ehemann gefangen ist. Und Vera Osmond, die aufgrund eines schlimmen Kindheitserlebnisses unter Panikattacken leidet. Lily hält Veras Behandlung schon für erfolgreich abgeschlossen, als diese sich wieder bei ihr meldet. Doch Lily ist abgelenkt durch die erneut misshandelte Samantha. Wenig später wird Vera tot aufgefunden – angeblich Selbstmord. Lily glaubt nicht daran und stellt Nachforschungen an. Dabei stößt sie auf ein furchtbares Geheimnis und gerät selbst in Lebensgefahr …“. Und in Beziehungs-Probleme, weil ihr Geliebter sich schwer tut, von seiner Frau loszukommen, die – huch – plötzlich schwanger ist. Und andererseits der Praxis-Partner, der mehr von ihr möchte als sie bereit ist, ihm zu geben…

Psycho-Knowhow
…wird auch vermittelt, to whom it may concern, mit vielerlei praktischen Bezügen, etwa auch zu Internet-Verhalten: Love Bombing z.B. (S. 51), Aufgaben zum positiven Verstärken des in der Sitzung Besprochenen (S.89 – natürlich mit „Kontrolle“ beim nächsten Mal  …), bewusst konfrontative Gesprächsführung generell – auch mit Kollegen (S. 214f.), kollegiale Beratung (S. 288ff. usw. – für unsereins besonders interessant, derzeit als „Shared Experience“ modernisiert en vogue, auch bei GABAL e.V.  …). Doch auch „modernes“ Ermitteln via Soziale Netzwerke kommt ins Spiel, wenn klassische Wege versagen – oder (gerade ihr, weil nicht mehr Ermittlerin der Polizei) versagt bleiben (S. 353f. usw.). – Nett für mich das „Auftreten“ des Teppichs von Bayeux (s. 164f. usw.) im Rahmen einer potenziellen Werbekampagne der später Ermordeten – weil das im Grunde eine Vorform heutiger Comics ist = sequenzielle Darstellungen einer Geschichte… Dass die Autorin auf wahre Begebenheiten zurück greift, offenbart sie im Nachwort (S. 428ff.), was das Eindrückliche der Gewalt von Ehemännern (und anderen) an „ihren“ Frauen noch intensiviert – und durchaus nachdenklich macht… Darauf gestoßen bin ich übrigens durch einen späteren Krimi dieser Reihe: „Wer mit den Wölfen heult“ – von mir hier auch besprochen! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter