Skip to main content

Werben mit Doppelsinn

Autor Alexander Gehringer
Verlag disserta
ISBN 978-3-95425-194-0

Wie wenden Unternehmen mehrfache Bedeutung eines Wortes oder Ausdrucks in der Marketing-Kommunikation an, Aufmerksamkeit zu gewinnen und Leser in ihre Print-Anzeige bzw. ihren audiovisuellen Spot im Fernsehen zu ziehen? Gemeint sind u.a. derlei Headlines, wobei innerhalb des (Copy-)Textes Phrasen genutzt werden: „Gutes Geschäft“ (Deichmann, S. 101 u.a.), mit Bezug darauf, Deichmann sei ein eben solches (Qualität) – der Verbraucher mache ein eben solches (Preis-Leistungs-Verhältnis). Oder der Audi-Slogan „Vorsprung durch Technik“, wer immer den dann besitzt bzw. erhält: „1. Der Autoherstellen, 2. Die von ihm hergestellten Fahrzeuge, 3. Der Autofahrer, der ein Fahrzeug dieser Marke besitzt“. Oder von Euromaster Reisenservice „Alles dreht sich nur um Sie“ – interpretieren Sie selbst! „Ambiguierung als Sprachspiel in Anzeigen und Werbespots“ ist das Thema der wissenschaftlichen Untersuchung des Autors mit durchaus weiter führenden Ergebnissen: Basierend auf theoretischer Hinführung, erhält Leser eine Fülle von Beispielen in der empirischen Analyse (u.a. STERN-Anzeigen), um sich so mit „Techniken der Schaffung und Auflösung von Mehrdeutigkeit in Werbeanzeigen und Werbespots“ zu befassen. Dabei führt uns Alexander Gehringer im Kapitel „5 Motive für die Verwendung von Mehrdeutigkeit speziell in der Werbesprache“ ein in die „Funktionen der Ambiguierung als Sprachspiel in der Werbung“ (S. 42ff.) und nennt u.a. diese: Erregen von Aufmerksamkeit – Anreiz zur gedanklichen Auseinandersetzung mit der betreffenden Werbung – Intellektuelles Lusterlebnis (sic! Eigentlich auch ambig, oder?) – Memorisierung – Unverbindlichkeit / Deutungfreiheit – Verschleierung. Letztlich also widersprüchliche Ziele. Memorisierung erinnert an Assoziieren, was wir via Werbe-Botschaften laufend tun, Denkarbeit zu vermeiden und auf bekannte (resp. „unbewusst erkannte“!) Muster zurück greifen zu können. Andererseits Denkarbeit, auf die sich LeserIn (resp. BetrachterIn beim TV-Spot) bewusst einlassen muss. Wenn das gelingt, schafft Anbieter eben das, was in Zeiten stetig wachsenden Informations-Drucks via Medien kaum mehr gelingt: Die Aufmerksamkeit länger als die üblichen Sekunden-Bruchteile bei seiner Kommunikations-Aussage zu halten … Tja, die Fülle wie auch Varianz der zitierten Beispiele weisen darauf hin, dass Firmen eben dieses Vorgehen als Chance suchen, sich im Werbe-Dschungel zu behaupten, siehe die Liste genutzter „sprachlicher und rhetorischer Techniken der Ambiguierung (S. 100ff.): elliptische Syntax – Bezug zwischen syntaktischen Komponenten – Betonungsunterschied – Zeugma und Diaphora – lexikalisch/nicht-lexikalische Bedeutung – Produktnamen – sprachpragmatische Ebene – unterschiedliche Konnotationen und inszenierte Negativität – Anzüglichkeiten – orthografische Varianten – Häufungen – wiederholte Ambiguierungs-Schemata. Wobei das ja „nur“ die vom Autor gefundene Auswahl darstellt … Sie verstehen kaum mehr als „Bahnhof“? Nun, im Buch wird´s klar, durch die konkreten Beispiele – die der Autor übrigens im Anhang präsentiert, jedenfalls die Anzeigen aus dem STERN … Wahrscheinlich am raschesten nachvollziehbares Beispiel ist Homonymie bzw. Homophonie: Hapag-Lloyd etwa warb mit „Unser-Buch-Tipp: …“ und nutzte damit die Doppel- (und Mehrfach-)Bedeutung von „Buch(ung)“. Oder „der kleine Augenblick“ von Dallmayr, der mit ambiger Bedeutung spielt, je nach abstrakt oder konkret verstandenem Wort. Lassen Sie sich anregen! HPR

Hanspeter Reiter