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Polt solo: Kultur für Weiterbildner?

Sein (seltener Solo-)Auftritt im Parktheater Augsburg am 20.11.2022 war einer, der schon für Januar 2021 geplant war, mehrfach verschoben aus Gründen… Für mich ein erstmaliges Live-Bühnen-Erleben, ein Highlight!

Auch mit 80 starke Präsenz verströmend, wechselnd zwischen Stehen und Sitzen, exzellent unterschiedliche Stimmen und Charaktere darstellend: So waren auch die Geschichten aus seinem aktuellen Buch plötzlich völlig anders erlebbar als „nur“ im Buch, wenn er Dr. Arnulf Schmitz-Zceisczyk zu Wort kommen lässt!

Gerhard Polt © Parktheater Kurhaus Göggingen

Eine durchaus etwas andere Lesung also, getoppt durch seine Sketche: Humorig nimmt der bairische Altmeister politische Themen aufs Korn – und damit deren Protagonisten. Personalisiert als Nachbarn mit höchst eigenen Charakterzügen, gelingt ihm damit ein Rundumschlag zum Thema des Tages, nämlich „Wer ist wir?“. Sich einerseits distanzierend davon, einfach ungefragt einbezogen zu werden, andererseits klar Stellung beziehend. An und für sich sei der Mensch ja gut – „aber die Leid san hoit a Gsindl“, in seinem durchaus auch für Zuagroaste gut verständlichen „hochdeutschen“ Bairisch.

Neue Geschichten vom Tiroler Spitalverband waren geboten, mit Bedauern über zu wenige Knochenbrüche aufgrund von Corona-Abwesenheit (doch in welch lapidaren, pointierten Ton!) – oder auch die vom Löschwinter Kare und seiner dritten Frau Jessica, die ihren Mann wider besseren Wissens verteidigt (wieso bloß machen Frauen derlei?!): Immer geht´s um den Homo „Sapiens“, natürlich auch beim Buch rund um den Homo Tegernseensis, der doch in Wahrheit ein Zuagroaster ist. Ähnlich wie der Homo Sapiens in Europa, so gesehen (das stammt von mir)…

Fazit für unsereins Weiterbildner: Stimme, sprachliche Vielfalt, wie Präzision – und Körpersprache – da kann manch „Speaker“ sich eine dicke Scheibe von abschneiden! Wer ihn endlich auf der Bühne (oder auch wieder-)erleben will, ab 28. Januar (Premiere) gibt´s die Chance bei den Münchner Kammerspielen, siehe hier: https://www.muenchner-kammerspiele.de/de/programm/13705-a-scheene-leich

… und weiter ging´s, dann eher pompös, mit dem „Karl Valentin des 21. Jahrhunderts“, wie ihn tatsächlich ein Theater-Kritiker genannt hat, nach der Premiere (Landsberger Tagblatt 30.01.2023): Mit den Well-Brüdern und einer höchst aktiven Crew, die GP begleiteten – und mehr als das…

„Aa scheene Leich“ nimmt als „eine Erblastkomödie“ (so der Untertitel) gelungen die Zeit nach und vor dem Sterben auf die Schippe, doch immer als hintergründige Komik in Satire verpackt, also im gewohnten Duett mit geschickt verpackter Gesellschafts-Kritik: Der geht achtsam durchs Leben! Anders als beim Solo in Göggingen kam hier das Spiel mit den Formaten dazu, ein Hoch übrigens auf den Bühnenbau: Sehr flexibel sind die Wände gestaltet, die in Windeseile über Schienen in neue Positionen gebracht werden können, je einen neuen Raum bildend. Nun, die 23 Vorstellungen waren ruckzuck ausverkauft. Bleibt das Hoffen auf einen Nachschlag im März – und auf die spätere Zweit-Verwertung via DVD bzw. Download: Auch dafür bieten „die Polts“ ein exzellentes Modelling, siehe https://polt.de/#gs.o48rnj.

Fazit: Endlich 80 – und weiter heiter. Denn das alles ist geboten: „Der große Zampano ist gestorben, einer, der es richtig gemacht hat und mit seinem Broterwerb viel Geld verdient hat: Bestattungsunternehmer ist er gewesen. Bei ihm konnte man sich jeden Wunsch erfüllen – vorausgesetzt er wird abgerechnet. Die Blaskapelle probt bereits die Trauermusik. In seiner Firma geht die Routine weiter und die Mitarbeiter trainieren, wie man im Funeralisten-Ranking ganz oben bleibt und auch die nützliche Zusammenarbeit mit dem örtlichen Altenheim weiter ausgebaut werden kann. Die Exfrau tobt, dass eine kleine Ratte aus Feldkirchen ihr die besten Jahre mit dem ehrenwerten Gatten gestohlen hat, die neue Alleinerbin will nix abgeben, schon gar nicht an die Kirche, und post mortem muss sich unser Bestattungsunternehmer vor Gericht verteidigen lassen. Ein traurig-komischer, vor Musik berstender Abend über unseren unmöglichen Umgang mit dem Ende und das Geschäft mit dem Sterben.“ Eine Komödie voller Erblast halt, auch im Sinne von: macht schon nachdenklich… Dass dabei die Weiterbildung auch ins Spiel kommt, Führungs-Verhalten inklusive, macht dieses Bühnenstück erst recht für Weiterbildner jeglicher Couleur (noch) interessant(er), siehe Polt bei Augen zwinkernder Urnen-Lehre…

Und die Kammerspiele freuen sich über ein solches Zugpferd = Zuschauer-Magnet, denn „nach vielen erfolgreichen Abenden kehren Gerhard Polt und die Well Brüder zurück an die Kammerspiele. Mit Ruedi Häusermann inszeniert dieses Mal ein Meister der subtilen Komik, der Gegenstände zum Sprechen, Wände zum Tanzen bringt, und der selbst Zwischentönen den großen Auftritt baut.“ Wie geschrieben: Da können sich auch Weiterbildner vielerlei Couleur (noch) was abschauen! Apropos „Karl Valentin…“: Im Gegensatz zu dessen dauerhaft mürrischer Miene gibt´s bei Gerhart Polt das typische Auflachen, hörbar und kurz sichtbar. Für beide gilt: Der Schein ist das Sein, hier wie dort auch an der trefflichen Alltags- = Bühnenkleidung mit zu erkennen… Übrigens ist die Kenntnis des Bairischen durchaus hilfreich, wenn Polt auch meist ein gepflegtes (typisches) Hochdeutsch mit bairischem Anklang spricht. Jedenfalls: Hier können Interessierte mal reinhören, für einen zumindest auditiven ersten Eindruck: https://www.muenchner-kammerspiele.de/de/programm/13705-a-scheene-leich.



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