Robin Gettup fragt: Chillen Sie schon oder gammeln Sie noch?
Entschuldigen Sie, das ist natürlich eine sehr indiskrete Frage. Denn als GABAL-Mitglied sind Sie ja ständig effeffeffizient! Also wenn schon, dann Power-oder Yoga-Chillen.
Ich gehöre ja, wie Sie wissen oder ahnen, einer älteren Generation an. Ehrlich gesagt, musste ich erst einen Enkel fragen, was Chillen ist und wie man das macht. „Ach, du meinst Gammeln?“ glaubte ich zu verstehen. „Nein, das ist ja was anderes! Chillen ist viel cooler!“ Es fehlt da echt eine 30-Minuten-Instruktion „Wie chille ich richtig?“ Natürlich mit wissenschaftlich abgesicherten Definitionen und einigen links- und rechtshemisphärischen Übungen á la Birkenbihl. Am nächsten käme dem Chillen „Abhängen“, belehrte mich der Youngster. In seinem Alter lernte ich gerade bei meinem Opa, der ein berühmter „Waidmann vor dem Herren“ war, dass man Wild erst einige Tage abhängen lassen muss, damit es den strengen Geschmack verliert. Wie sich die Zeiten ändern. Vor allem, weil ich das Empfinden habe, dass die Kids nach dem Abhängen viel wilder sind, als wir uns das je getraut hätten.
Ebenso irritiert war ich, als ich dieser Tage durch „Manufactum“ schlenderte. Das ist so eine Art Nostalgie-Supermarkt. Da bekommt man alle Sachen aus der sogenannten guten alten Zeit. Zum Beispiel Seife, die nach Seife stinkt. Und Wurzelbürsten, Blechspielzeug. Ich feierte ein Wiedersehen mit einem tanzenden Äffchen, das die Trommel schlägt, wenn man es aufzieht. Wissen Sie noch, wie Aufziehen geht? „Die Sachen haben alle noch so ein wunderbares Design!“ bemerkte meine Begleiterin. Ich schrak zusammen. Mein Äffchen – ein Disein? Disein gab es doch damals noch gar nicht. Wir chillten nicht – da hätten Sie mal meine Eltern kennenlernen sollen! Und wir lebten ohne Disein. Heute gilt Disein oder Nichtsein!
Heute ist alles designed! Es gibt sogar Seminar-Designer! People-Designer! Natürlich trägt man nur noch Designer-Klamotten! Die sehen aber meist so aus, als ob sie in einer Restestube gepuzzled wurden. Manche auch irgendwie genauso wie sonst, höchstens, dass die Nähte schief sind. Und der Preis! Der Preis! Der ist echt so designed, dass man resigned sein könnte und sich erstmal zum Chillen in die Lounge eines Coffee-Shops zurückziehen muss. Oder zu einem wunderbaren Griebenschmalzbrot nach Art der Großmutter bei Manufactum. Echt uncool – meint Robin.
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