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Robin Gettup fragt: Haben Sie eigentlich auch soviel Zeit für das alles?

Wenn ich morgens von Classic Radio geweckt werde, will mir eine märchenhaft betörende Männerstimme eine außerordentlich wertvolle Sammlung von fünf der wohlklingendsten CDs für nur 99 Euro unterjubeln. Wer von Ihnen hat eigentlich soviel Zeit übrig, diese fünf CDs mit dieser grandiosen Musik andachtsvoll zu hören? Ich komme nicht mal mehr dazu, die schon vorhandenen Musikkonserven auf stilvolle Weise bei Kerzenlicht und in würdevoller Haltung in mich aufzunehmen. Früher hat man sich rasiert und rausgeputzt, wenn man ins Konzert gegangen ist, heute rasiert und stylt man sich, während die Fünfte von Beethoven aus dem Badezimmerradio tönt. Oder wahlweise eine Wunschmusik für nur 99 Euro! Mozart zum Bügeln, Mendelssohn zum Kochen!

Aber das geht ja dann den ganzen Tag so weiter. Musik in ungeheuren Mengen zum Downloaden drängt in die Sticks und Handys für Concert-to-go. Die DVD-Player sollen gefüttert werden mit oskargepriesenen Filmhits und allem, was in den Charts ist. Videotheken locken mit Luststreifen und Krimis.

Alles, was die Glotze bietet, sogar die schaurigen Weisen diverser Tatorte, kann man sofort beim Sender bestellen. Ehrlicherweise muss man auch zugeben, dass es in den Buchhandlungen vor Menschen mit ungeheuren Zeitvorräten wimmelt. Wie machen die das? Woher nehmt ihr die Zeit für alles, was da Augen und Ohren bedrängt? Daneben ja auch noch Gymnastik, Nahrungsaufnahme, Gurkenmaske, Nordic Walking und dergleichen körperliche Zwangshandlungen.

Kneipen laden rund um die Uhr an die Theke. In Diskotheken hopst unser Pisa-Nachwuchs flatsaufend bis morgens um 5 Uhr. Gut – die ruhen dann in der Schule aus oder gehen gar nicht erst hin. Millionen Menschen, denen das alles nicht genug ist, die flatratend am Telefon dauerlabern und surfen bis in die tiefe Nacht, die klicken sich noch in ein „second life“ ein und lassen ihren Avatar, ihren Super-Doppelgänger, ein Traumleben am Strand, im Bordell, in Luxushotels, in Spielbanken führen, natürlich auch in den Armen von Lovern („nähmaschinenartig“, so der SPIEGEL) tätig werden. Ach ja, auch Zeitungen und Magazine wollen gelesen werden.

Robin fragt, ob er da was verpasst hat bei einer Sonderzuteilung Lebenszeit. Musste man sich da bei irgendeinem Seiwert-Zeitbüro anstellen? Hilft ein Ratgeber „Pickepack Yor Life“? Und wer sich verweigert? Breitband? Der Tod ist wird immer mehr zu einer reizvollen Alternative findet Robin Gettup.



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