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Robin Gettup fragt: “Wo und wie lesen Sie eigentlich Ihre Zeitung?“

Dumme Frage? Also ich behaupte mal, das Format fast aller Tageszeitungen ist absolut nicht kundenorientiert!
Ahnen Sie, wieviele Ehescheidungen dadurch ausgelöst worden sind, dass der wissbegierige, politisch interessierte Morgenmann beim Frühstück diese Papierwand zwischen sich und seiner Allerliebsten aufrichten muss? Es sei denn, er platziert sie flach mit einer Hälfte im Marmeladenbrot und deckt mit der anderen die Kaffeetasse zu, ein Umgang mit heißen Flüssigkeiten, der äußerst umfallträchtig ist.

Da Sie sich nicht scheiden lassen wollen, nehmen Sie die Gazette mit in die S- oder U-Bahn, wahlweise in Flugzeug, Zug, Bus oder Tram. Was dann passiert, brauche ich Ihnen nicht zu erzählen. Mit Ach und Krach lesen Sie die Seite 1 und die rückseitige Reklame vom Möbelmarkt. Umblättern? Ja, wo san’ mir denn? Das geht doch nicht ohne Feindberührung.
Einigermaßen geübte Leser bereiten ihre Zeitung bereits auf dem Küchentisch für das Pendlerdasein vor. Sie entnehmen die diversen „Bücher“ (so heißt das in der Schwarzen Kunst), falten sie in handliche, ÖPNV-gerechte Teilstücke und fröhnen dann ihrer Leselust. Denkste! Der kundenschikanierende Umbruch sorgt dafür, dass mindestens drei Zeilen ihrer gewählten Kolumne über oder unter dem horizontalen Mittelknick zu finden sind, was umwälzende Maßnahmen zur Folge hat. Kein einziger „Umbrecher“ oder „Layouter“ hat offenbar je einen so gequälten Leser beim Lesen beobachtet.

Früher, in grauen Vorzeiten, als man sich noch leisten konnte, die Zeitung zum 9-Uhr-Butterbemmen-Frühstück im Büro zu lesen, ja, da gab es einen Schreibtisch, auf dem man das Morgenblatt ausbreiten konnte. Ein Engel von Sekretärin platzierte das Kaffeehaferl in lesefreundlicher Griffnähe. Heute winkt Alg2, wenn Sie sich erwischen lassen. Es sei denn, Sie sind selber der Boss.
Wo also die Zeitung lesen? Auf dem Balkon, wo sie begierig Feuchtigkeit aufsaugt und bald vom Winde verweht? Auf dem Klo? Bei der Arbeitsagentur zur Überbrückung der Wartezeit? In Wärmestuben bei der AWO? Ich erbitte Tipps! Bundestagsabgeordnete lesen ja während der Sitzungen. Die sind eben in jeder Beziehung privilegiert und müssen im Bilde sein, wer in BILD ist.
Ich höre gerade, es käme Abhilfe in Form von Tabloids? Wat is dat dann? Kann man jetzt die Zeitung wie eine Tablette schlucken? Morgenstern musste sowas geahnt haben, als er dichete:
„Korf erfindet eine Mittagszeitung, welche, wenn man sie gelesen hat, ist man satt. Ganz ohne Zubereitung einer anderen Speise. Jeder auch nur etwas Weise hält das Blatt!“

Na dann – Mahlzeit! Ihr Robin Gettup



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