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Voraussetzungen für einen erfolgreichen Projektstart schaffen – Kooperationsveranstaltung Region Hannover

Am 7. Juni fand die inzwischen 6. Kooperationsveranstaltung der in der Region Hannover kooperierenden Verbände GABAL, GPM, gfo, GI und VDI sowie der Leibniz Universität Hannover statt. Da jeder Verband Referenten für die Veranstaltung stellt, führt dies dazu, dass die Themen aus unterschiedlichen Perspektiven behandelt werden. Zu der 6. Veranstaltung werden wieder ca. 100  Besucher und 5 Referenten im historischen Leibnizhaus begrüßt. Prof. Steinle von der Leibniz Universität Hannover gibt zu Beginn einen Überblick über die anstehenden Vorträge und in seiner abschließenden Zusammenfassung „spießt“ manche Formulierung der Referenten ironisch auf.

Nach den letzten Themenschwerpunkten Projekte und Organisationsänderungen, Konflikte, Projekte in Krisenzeiten und Projektmanagementoffice wählten die Organisatoren  das Thema „Voraussetzungen für einen erfolgreichen Projektstart schaffen“. Auch hierzu haben die Kooperationspartner wieder ausgewiesene Experten gewinnen können. Das Konzept ist, dass die Referenten zunächst ihre Beiträge präsentieren und danach im Plenum und später in den Pausen die Gelegenheit besteht, weitere Fragen mit den Referenten zu diskutieren.

Ungeklärte Verantwortlichkeiten, halbherzige Unterstützung durch das Management, unklare Projektziele, Unzufriedenheit über die Mehrbelastung durch Projektarbeit sind u. a. der „Boden“, auf dem dann „schlechte“ Projekte wachsen und sind der Grund dafür, dass Umfragen immer wieder einen großen Anteil von nicht erfolgreichen Projekten ausweisen. Diese Umfragen führen seit Jahren zu dem erschütternden Ergebnis, dass ca. ľ der Projekte nicht das vorgegebene Projektziel erreichen. Eine alte Projektleiterweisheit behauptet daher auch: „Sage mir, wie dein Projekt beginnt, und ich sage dir, wie dein Projekt endet.“ Damit sind folgende Fragen verbunden:

  • Welches sind Mindestvoraussetzungen für einen erfolgreichen Projektstart?
  • Wieweit müssen Tools und Projektmanagementwissen im Unternehmen vorhanden, fest verankert sein?
  • Welche Erfolgsfaktoren sind entscheidend?
  • Welche organisatorischen Rahmenbedingungen und kulturellen Voraussetzungen müssen gegeben sein?
  • Wie ist die praktische Situation in renommierten Unternehmen?

Themen und Referenten dieser Veranstaltung waren:

Astrid Pohlmann von der Talanx Service AG
Projektkultur und erfolgreicher Projektstart

Pohlmann zeigt zunächst die Entwicklung des Projektmanagements im Talanx-Konzern in den letzten 3 Jahren auf. Besonderheiten sind die Entwicklung einer einheitlichen Projektkultur nach dem Zusammenschluss der ehemaligen Traditionsunternehmen HDI und Gerling. Pohlmann nennt als Ziel für 2011 die Etablierung von PM-Standards in allen Talanx-Gesellschaften und stellt ausführlicher  den neuen verbindlichen Prozess zur Projektinitiierung vor. Im Weiteren geht Pohlmann weiter auf die Rollenverteilung in Projekten ein und
stellt den Ansatz einer Doppelspitze bestehend aus IT und Fachbereich bei
übergreifenden Vorhaben vor. Entscheidend für einen erfolgreichen Projektstart ist ihrer Meinung eine Projektkultur, die folgende Faktoren aufweist:

  • Management Attention sicherstellen,
  • Rollenbewusstsein herstellen,
  • Prozessverantwortung an zentraler Stelle
  • Verbindlichkeit von Prozessen und Tools sicherstellen
  • Kontinuierliche Weiterentwicklung des Projektmanagements.

Michael Markworth von der HELLA KGaA Hueck [&] Co.
Das Märchen vom traumhaften Projektstart

Markworth wählt für seinen Vortrag die ungewöhnliche Form eines Märchens: Eine Mär von einem Projekt mit Metaphern und der Moral von der Gesicht …, aber im Mittelpunkt stehen bei Hella ganz handfeste Probleme. Als Zulieferer der Automobilindustrie muss sich das Unternehmen zunächst um Entwicklungs-projekte für spätere Produktionen bewerben. Jedoch nur ca. 40 % der Angebote führen zu Entwicklungsaufträgen. Das Projektmanagement muss daher immer „auf dem Sprung sein“, für den Fall der Auftragserteilung gewappnet sein, d.h. umgehend muss das Projektteam mit den notwendigen Ressourcen starten  können. Diese „Sprungkraft“  sichert Hella durch Projektspezialisten, die alle wesentlichen Dokumente, Formulare, Regelungen etc. als Vorlage an einer zentralen Stelle abgelegt vorfinden: Das Template eines Lastenhefts bis hin zu einer systematischen Erfassung und Analyse der Kosten und Risiken des Projektes. Die komplette Projektaufbau- und -ablaufstruktur ist so für den überraschenden Projektstart bereits vorbereitet,  das Angebotsteam kann sofort als  Projektteam starten. Die Kernbotschaften seines Märchens, die Moral der Geschicht lautet:

  • Beim Großteil der Projekte in der Automobilzulieferindustrie, sogenannte Kundenauftragsprojekte, ist es sehr schwierig, tatsächlich die optimalen Vorraussetzungen zu schaffen.
  • Zu viele wirtschaftliche Einschränkungen [&] Unwägbarkeiten führen dazu, dass nicht jedes oder sogar viele Projekte nicht optimal vorbereitet werden können.

Andreas Wagner; THW Ortsverband Lehrte
Erfolgsfaktoren für „Projekte“ in einer Einsatzorganisation am
Beispiel des Technischen Hilfswerk

Das THW befindet sich in einer besonderen Situation, die Projekte können nicht geplant werden, es wird kein Projektportfolio erstellt oder der Nutzen von Projekten kalkuliert, denn die Projekte kommen sprichwörtlich „über Nacht“. Die Ursachen für THW-Projekte sind Katastrophen und Großunfälle in allen Teilen der Welt. Wenn denn diese eintreten, besteht nicht mehr viel Zeit, sich vorzubereiten und zu planen, es muss alles bereitstehen, um sofort Hilfe leisten zu können. Dann muss die technische Ausrüstung sofort startbereit sein, die Organisation zur Rekrutierung der zahlreichen, z. T. von hunderten ehrenamtlichen Mitgliedern des THW anlaufen können, damit sich umgehend eine schlagkräftige Organisation auf den Weg zum Ort des Geschehens machen kann. Wagner erläutert mit welcher Organisation und mit welcher technischen Ausrüstung diese ganz unterschiedlichen Aufgaben bewältigt werden.
Wesentliche Erfolgsfaktoren beim THW

  • Bundesweit einheitliche Standards bezüglich der Rollen,  Ausstattung, Arbeits-/Betriebsmittel und Ausbildung/Qualifizierung.
  • Führungsorganisation mit Auftrag/Zielen, Befugnisse/Ver-antwortung, die im Handbuch “Führen im THW” niedergelegt sind.
  • Der wesentliche Faktor sind aber die bundesweit 80 000 motivierten ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer mit ihrem fachlichen Know-How und ihrer sozialen Kompetenz. Die vielfachen persönlichen Freundschaften innerhalb der Organisation sind ein Grund für das hohe ehrenamtliche Engagement und damit die Leistungsfähigkeit der Organisation.

Martina Schulz, Gerrit Waldmann; Deutsche Telekom Technischer Service GmbH
Projekte erfolgreich starten! – Theoretische Methoden und praktische Erfahrungen

Das Projektmanagementkonzept der Deutsche Telekom Technischer Service GmbH ist vor allem auf die Durchführung von Kundenprojekten ausgerichtet. Zur Projektvorphase gehört der Prozess der  Projektpriorisierung (Stichworte sind Priorisierungscluster, Priorisierungskennzahlen) die mit dem Projektauftrag und Projektstart endet. Daran schließt sich die Projektstartphase an, deren wesentlicher Bestandteil für schwierige Projekte der zweitägige Projektstartworkshop bildet. Ziel des Projektstartworkshops, der immer außerhalb des Unternehmens stattfindet, ist die Arbeit und Abstimmung des Projektteams von u. a. folgenden Punkten:

  • Festlegung der Ziele des Projekts, Problemstellung
  • Projektabgrenzung, Projektkontextanalyse
  • Projektumweltanalyse
  • Projektstrukturplan
  • Terminplanung
  • Arbeitspaket-Verantwortliche
  • Arbeitsformen/ Spielregeln
  • Planung weiteres Vorgehen.

Zu den Aufgaben gehört auch die Erstellung des „Big Project Picture“. Das Big Project Picture ist eine sehr interessante Matrix, die aus 6 Feldern besteht: Senkrecht „Abgrenzung“ und „Kontext“ sowie waagerecht „zeitlich“, „sachlich“ und „sozial“. Die Inhalte dieser Felder müssen nach Ende des Workshops gefüllt sein. Das Big Project Picture beschreibt damit für das Projektteam und das Management eindeutig die Projektinhalte und macht das Projektumfeld hinsichtlich der Interessen und Kommunikationsnotwendigkeiten transparent.

Mile Jokic von der WABCO GmbH
Thema: Project Management @ WABCO – A Successful Project Start

Das Project Management @ WABCO wird für den Bereich Produktentwicklung eingesetzt und zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus. Auffällig sind:
– Die stringente, weltweite PM-Organisation. In Hannover ist Jokic, WABCO Project Management Leader, verantwortlich für die Arbeit von 250 Projektmanagern, die weltweite Koordination der Aktivitäten und die PM-Plattform  mit den PM-Tools und –prozessen. Deren Überprüfung erfolgt im Abstand von 2 Jahren.
– Die klare Rolle des Steering Committees. Durch dieses erfolgen die üblichen Priorisierungen, Projektfreigaben, Beobachtung der Projektfortschritte anhand von  Controllingdaten und der Berichte der Projektleiter.  Hier wird auch über zusätzliche Ressourcen für die Teams entschieden, falls Fertigstellungs-termine in Gefahr geraten. Es entsteht der Eindruck, dass die Mitglieder des Steering Committees diese Aufgabe konsequent und mit großer Ernsthaftigkeit wahrnehmen.
– Die „blue Box“, ein irritierender Name für die Projektteams. Das besondere dieser Teams ist, dass für alle Projekte von vorn herein festgelegt ist, welche Funktionen in diesen Teams vertreten sind. Es kann aber sein, dass ggf. einzelne Projektmitglieder (z. B. Einkauf oder Controlling) auch noch in einem weiteren Team mitarbeiten.
 – Das starke Comittment der Teams zum geplanten Projektergebnis, intern kämperisch als „Sign and blood“ bezeichnet, bedeutet, dass sich die Teammitglieder nach der Startphase verpflichten, die zugesagten Ergebnisse (KPIs) zu erreichen. In der Startphase besteht noch die Möglichkeit auf KPIs Einfluss zu nehmen. Danach geht es für den Projektmanager vor allem darum evtl. Abweichungen frühzeitig an das Steering Committee zu berichten und die Freigabe für zusätzliche Ressourcen zu erhalten, um die Zusagen gegenüber dem Kunden einzuhalten.
–  Die Projektteams werden vom Steering Committee erst aus der Verantwortung entlassen, wenn die Kriterien für die Beendigung des Projektes erfüllt sind: Stabile Ergebnisse in der Einführungsphase, KPIs für Qualität, Ausschuss und Kosten.

„Sage mir, wie dein Projekt beginnt, und ich sage dir, wie dein Projekt endet“ lautet ja die Projektleiterweisheit. Woran kann aber der „weise“ Projektleiter erkennen, ob die Startsituation ein erfolgreiches Ende erwarten lässt? Aus den Praxisvorträgen der vortragenden Unternehmen lassen sich folgende Kriterien für erfolgreiche Projektstarts „destillieren“:

  • Die Etablierung von PM-Standards, entsprechende Qualifizierung, klare Verantwortlichkeiten/Rollenbeschreibungen und verbindlichen Prozess zur Projektinitiierung.
  • Die Sicherung des Committments der Mitarbeiter, durch entsprechende Einbindung der Funktionen und klare Erwartungen an die Projektteams.
  • Eindeutiges Engagement des Managements. Das starke Engagement des Managements z. B. in Steering Committees, die konsequente Verfolgung der definierten Meilensteine und ggf. die Freigabe zusätzlicher Ressourcen zur Sicherung der Projekterfolge, anstelle halbherziger Begleitungen von Projekten durch das Management.
  • Für Organisationen, deren Projekte nicht oder nur bedingt planbar sind, kommt es entscheidend darauf an, dass die „Stand by-Funktion“ bestens vorbereitet ist, so dass im Bedarfsfall ein sofortiger Projektstart möglich ist.


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